Eine intensive Diskussion über die Mobilität der Zukunft fand auf der Terrasse des Zentrums Aktiver Prävention (ZAP) in Nußloch statt.
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Talk am Teich“ trafen sich hochkarätige Gäste zu einer Podiumsdiskussion unter der Moderation von Dr. Matthias Zimmermann, Geschäftsführer des ZAP. Auf dem Podium saßen Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) (im Bild rechts), und Jan Hegenberg, Blogger und Buchautor.
Hildegard Müller, die seit Februar 2020 Präsidentin des VDA ist, skizzierte die komplexen Herausforderungen, denen sich die Automobilindustrie gegenübersieht. „Es ist wichtig, dass wir als Industrie genauso legitim unsere Interessen vertreten wie NGOs“, betonte sie und unterstrich die Bedeutung eines offenen Dialogs mit der Politik und der Öffentlichkeit.
Müller, die von 2002 bis 2008 Mitglied des Bundestages und von 2005 bis 2008 Staatsministerin bei Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel war, hat ihre Karriere sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft gemacht. Vor ihrer Rolle beim VDA war sie unter anderem CEO des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und Chief Operating Officer bei Innogy SE.
Jan Hegenberg, bekannt durch seinen Blog „graslutscher.de“, setzt sich intensiv mit Themen wie Energiewende und Klimaschutz auseinander. „Für mich ist Mobilität mehr als nur Autofahren“, sagte Hegenberg und betonte die Bedeutung von Fahrradverkehr und Carsharing, besonders in urbanen Gebieten. Er erklärte, dass die Umstellung auf Elektromobilität bereits im Gange sei, trotz der Bedenken und Skepsis vieler Menschen.
Hegenberg wurde neben seinem Blog vor allem durch sein Buch „Weltuntergang fällt aus“, das es auf die SPIEGEL-Bestsellerliste schaffte, bekannt. Darin setzt er sich mit den Mythen und Fakten rund um Klimawandel und Nachhaltigkeit auseinander und plädiert für eine realistische und optimistische Sicht auf die ökologische Transformation.
Matthias Zimmermann stellte gezielt Fragen, die die Diskussion belebten und unterschiedliche Sichtweisen zutage förderten. Eine seiner Fragen lautete: „Wie sehen Sie die Rolle von Lobbyismus in der Mobilitätswende?“ Müller antwortete darauf, dass Lobbyismus ein legitimes Mittel sei, um die Interessen der Industrie zu vertreten, und verwies auf ihre eigene politische Vergangenheit, um die Komplexität von Entscheidungen zu verdeutlichen.
Hegenberg wurde gefragt, wie er als Blogger zur Mobilitätswende beiträgt. Er erklärte, dass er ursprünglich nur auf Missstände in Medienberichten reagierte, aber inzwischen eine Plattform geschaffen habe, um fundierte Informationen über Energiewende und Klimaschutz zu verbreiten. „Ich versuche, über Dinge erstmal die Datenlage rauszubekommen, um dann zu sagen, okay, am besten geht es in die Richtung“, sagte Hegenberg.
Die Diskussion zeigte, dass die Mobilität der Zukunft nicht ausschließlich vom Auto bestimmt wird. Müller erklärte, dass die Internationale Automobilausstellung bewusst für Mikromobilität geöffnet wurde und auch Fahrradhersteller präsent sind. Sie betonte: „Es ist nicht nur ein reines Entweder-Oder, sondern ein Sowohl-als-Auch.“ Hegenberg ergänzte, dass er selbst kein Auto besitze und sich auf Sharing-Dienste verlasse, um mobil zu bleiben.
Ein weiterer Punkt der Diskussion war die Technologieoffenheit und die notwendige Infrastruktur für eine erfolgreiche Mobilitätswende. Müller betonte: „Es ist entscheidend, dass wir nicht nur Elektrofahrzeuge bauen, sondern auch die Ladeinfrastruktur entsprechend ausbauen.“ Hegenberg fügte hinzu, dass die Akzeptanz von Elektroautos auch davon abhänge, wie einfach und zuverlässig das Laden gestaltet werde. „Es braucht ein Vertrauen in die Verlässlichkeit der Infrastruktur“, sagte er.
Die Energiepolitik spielte ebenfalls eine zentrale Rolle in der Diskussion. Müller wies darauf hin, dass die Elektromobilität nur dann erfolgreich sein kann, wenn auch die Ladeinfrastruktur entsprechend ausgebaut wird. „Wir brauchen eine verlässliche Infrastruktur, sowohl über als auch unter der Erde“, erklärte sie. Hegenberg stimmte zu und betonte, dass die Energiewende in Deutschland schon viel erreicht habe, aber noch ein weiter Weg vor uns liege.
Ein weiterer wichtiger Diskussionspunkt war die Frage nach der Energieversorgung. Hegenberg äußerte sich zur Frage der Energieerzeugung: „Deutschland kann durchaus genügend erneuerbare Energie erzeugen, aber es wird wahrscheinlich notwendig sein, auch weiterhin Energie zu importieren.“ Müller betonte, dass eine diversifizierte Energiepolitik notwendig sei, um die Mobilitätswende zu unterstützen. Sie erklärte: „Wir müssen kluge Anreize für Forschung und Entwicklung setzen, um die CO2-Ziele zu erreichen.“
Ein weiterer Diskussionspunkt war die gesellschaftliche Akzeptanz der Elektromobilität. Müller wies darauf hin, dass es nicht nur um das Verbot von Verbrennungsmotoren gehe, sondern darum, die Menschen von den Vorteilen der Elektromobilität zu überzeugen. „Wir müssen die Menschen von den Vorteilen überzeugen, anstatt nur auf Verbote zu setzen“, sagte sie. Hegenberg ergänzte: „Viele Menschen haben noch Bedenken gegenüber Elektroautos, aber ich bin überzeugt, dass sich diese Skepsis mit der Zeit legen wird.“
Matthias Zimmermann fragte Müller, wie die Automobilindustrie auf die politischen Rahmenbedingungen reagiert. Sie antwortete, dass die Industrie bereit sei, massiv in neue Technologien zu investieren. „Wir investieren 280 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren allein in neue Antriebe und Digitalisierung“, sagte Müller. Gleichzeitig kritisierte sie jedoch die Unsicherheiten, die durch politische Entscheidungen entstehen. „Vertrauen ist entscheidend, und politische Maßnahmen, die Vertrauen zerstören, sind nicht hilfreich“, fügte sie hinzu.
Die Podiumsdiskussion im ZAP zeigte die vielfältigen Perspektiven und Herausforderungen auf dem Weg zur Mobilität der Zukunft. Einigkeit bestand darüber, dass sowohl Elektromobilität als auch Mikromobilität eine wichtige Rolle spielen werden. Entscheidend wird sein, dass Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam die notwendigen Schritte unternehmen, um eine nachhaltige und zukunftsfähige Mobilität zu gewährleisten.