Worms/Mainz. Die Leiche der 15-Jährigen lag am Rheinufer in Worms. Die Obduktion ergibt am Mittwoch: Tod durch Ertrinken. Wie sich die Tat abgespielt hat, ist unklar. Klar ist aber, dass sich der Tatverdacht gegen die Eltern der Jugendlichen richtet: Der 39-jährige Vater und die 34-jährige Mutter sitzen seit Dienstag wegen des Verdachts des Totschlags in Untersuchungshaft.
Laut Polizei besteht der Verdacht, dass die Beschuldigten den Entschluss zur Tötung ihrer Tochter gefasst haben, weil sie «mit deren Lebenswandel nicht einverstanden» gewesen seien. Es handele sich allesamt um afghanische Staatsangehörige, die in Pirmasens wohnten. Was die Eltern möglicherweise am Leben ihrer Tochter gestört haben könnte, dazu gab es zunächst keine näheren Angaben von den Ermittlern.
Nur so viel: Es handele sich um «eine Gesamtwürdigung verschiedener Details und Hinweise», die die Ermittler zu der Einschätzung veranlasst hätten, teilte Oberstaatsanwalt Alexander Fassel in Mainz mit. Diese Indizien müssten nun sorgfältig geprüft werden.
Ein Femizid steht als Motiv im Raum
Die mutmaßliche Tötung eines Kindes durch seine beiden Elternteile sei ungewöhnlich, sagte der Direktor des Instituts für Kriminologie der Universität Tübingen, Professor Jörg Kinzig, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Wenn als Motiv im Raum stehe, dass diese mit dem Lebenswandel ihrer Tochter nicht einverstanden gewesen seien, könnte dies auf eine ehrbezogene Tötung hindeuten, wobei teilweise auch von einem Femizid gesprochen werde. Allerdings sei es im vorliegenden Fall noch zu früh für eine abschließende Bewertung.
Der Opferbeauftragte der Landesregierung Rheinland-Pfalz, Detlef Placzek, sagte am Mittwoch: «Die mutmaßlichen Tötungsdelikte an Frauen in Worms, Kaiserslautern und Zweibrücken, die in den letzten Tagen vermeldet wurden, sind erschreckend. In den drei Fällen besteht der Verdacht auf Femizid.» Durch Frauenhass motivierte sogenannte Femizide seien die höchste Form der Diskriminierung von Frauen.
«Solch abscheuliche Gewalttaten stehen im Widerspruch zu unserer pluralistischen Gesellschaft und müssen auf das Schärfste verurteilt werden», sagte Placzek. Die aktuellen Statistiken des Bundes- wie auch des Landeskriminalamts zeigten einen Anstieg der Gewalt gegen Frauen und Mädchen.
Femizid bedeutet, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet werden – also weil sie Frauen sind. Als häufigste Form gilt die Tötung von Frauen durch Partner oder Ex-Partner. Darüber hinaus spricht man von Femiziden auch dann, wenn Frauen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität, vermeintlich im Namen der «Ehre», als Folge von Genitalverstümmelung, wegen angeblicher Hexerei oder gezielt bei bewaffneten Konflikten getötet werden.
Vater ist bei Justiz kein Unbekannter
Im Fall der getöteten 15-Jährigen ermitteln Beamte noch zu vielen Aspekten. Etwa dazu, ob der Fundort der Leiche auch der Tatort sei, teilte die Polizei mit. Konkrete Anhaltspunkte, dass sich der Tatort nicht im Bereich des Fundortes befindet, lägen aber nicht vor. Vater und Mutter hätten sich gegenüber der Polizei zu dem Tatvorwurf eingelassen. Wie, könne wegen der laufenden Ermittlungen nichts mitgeteilt werden, hieß es.
Die Jugendliche war am Montag kurz nach 18.00 Uhr tot gefunden worden, nachdem ihre Mutter sich am Vormittag bei der Polizeiinspektion Pirmasens gemeldet «und den Verdacht der Tötung ihrer Tochter mitgeteilt hatte», wie die Polizei formulierte. Die Tat solle demnach am Samstagabend am Rheinufer stattgefunden haben. Die Kriminalpolizei Mainz fand daraufhin während einer Suche die Leiche im Stadtteil Rheindürkheim.
Die Eltern sind nach Angaben der Polizei in Pirmasens unter unterschiedlichen Adressen gemeldet. Die Tochter sei bei der Mutter wohnhaft gewesen. Der 39-Jährige sei im Besitz einer Aufenthaltsgestattung, die 34-Jährige im Besitz einer Niederlassungserlaubnis.
Der Vater ist bei der Justiz kein Unbekannter. Bei der Staatsanwaltschaft Zweibrücken sind laut Anklagebehörde drei Verfahren gegen ihn anhängig: wegen Körperverletzung sowie Vergehen nach dem Gewaltschutzgesetz – etwa häusliche Gewalt. (dpa)