Um die vom Aussterben bedrohten Haubenlerchen zu schützen, gilt seit April wieder «Hausarrest» für Katzen in Teilen von Walldorf. Doch wie viele Katzen im Süden der Stadt im Rhein-Neckar-Kreis gehalten werden, ist laut dem Umweltministerium nicht bekannt. Das schreibt Ressortchefin Thekla Walker (Grüne) in der Antwort auf eine Anfrage des FDP-Landtagsabgeordneten Christian Jung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
«Wenn man nicht weiß, wie viele Katzen überhaupt in dem betreffenden Gebiet leben, sollte man keine Allgemeinverfügung erlassen und ein Katzen-Ausgangsverbot verhängen», erklärte Jung dazu. Walkers Antworten offenbarten, dass es sich bei der Allgemeinverfügung um reinen Aktionismus handele. «Die Leidtragenden sind die völlig unbeteiligten Katzenbesitzerinnen und Katzenbesitzer und die Katzen, die nur bedingt eine Gefahr für die Haubenlerche darstellen.» Daher fordere er, dass das Katzen-Ausgangsverbot sofort beendet werde. «Es gibt wirkungsvollere Maßnahmen, um die Haubenlerchen zu schützen.»
Im südlichen Teil der Stadt dürfen Katzen bis zum Jahr 2025 jeweils vom 1. April bis einschließlich 31. August das Haus prinzipiell nicht verlassen. Wer ein GPS-Tracking nachweisen kann, bekommt eine Ausnahmegenehmigung. Alternativ können die Besitzer den Garten katzensicher einzäunen oder die Tiere an der Leine führen. Bei Verstößen drohen Bußgelder in Höhe von 500 Euro – oder auch bis zu
50 000 Euro für den Fall, dass Haubenlerchen verletzt oder getötet werden. Hierzu hat die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis eine Allgemeinverfügung erlassen.
Im vergangenen Jahr hatte der sogenannte Katzen-Lockdown bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Kritik gab es unter anderem, weil ein Fachbüro Daten über Katzenhalter gesammelt hatte.
Solche Fachbüros überwachen nach Angaben des Ministeriums Vorkommen der Haubenlerche in Nordbaden. «Durch die intensive Betreuung der jeweiligen Population erhalten die beauftragten Fachbüros einen sehr guten Einblick in die jeweiligen ortsspezifischen Gefährdungsursachen, so dass eine belastbare gutachterliche Einschätzung zu den Verlustursachen sehr gut möglich ist.»
Im Fall Walldorf-Süd stellte das bis Ende 2022 dort tätige Fachbüro demnach eine vergleichsweise hohe Katzendichte fest. Auf einem etwa 100 mal 100 Meter großen Gelände seien fünf regelmäßig freilaufende Katzen bekanntgewesen. Eine Auswertung von Wildkameras habe zudem ergeben, dass diese in der Zeit vom 1. Dezember 2021 bis 15. Februar 2022 am häufigsten durch Katzen ausgelöst wurden: 28 Mal. Steinmarder seien es nur in sechs Fällen gewesen, Hunde vier- und Füchse dreimal.
Darüber hinaus gebe es unter anderem einen zweifelsfreien «Verlust einer Brut» durch eine Katze im Jahr 2020, heißt es in dem Schreiben. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sei eine Hauskatze für einen Gelege-Verlust im Juni 2022 verantwortlich; in sieben weiteren Fällen sei das nicht auszuschließen. Wiederum gebe es keine deutlichen Hinweise darauf, dass Füchse oder Marder am Werk waren.
Als weitere «Indizien für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für die Haubenlerche in Walldorf-Süd durch Hauskatzen» führt das Ministerium beispielsweise auch die Beobachtung von drei lauernden Hauskatzen zwischen zwei Haubenlerchen-Jungvögeln an sowie jene einer Hauskatze mit einem lerchengroßen und -farbenen Vogel im Maul.
Nichtsdestotrotz seien Rabenvögel, Füchse und Marder bejagt worden. Und dies sei auch weiter vorgesehen, schreibt Ministerin Walker weiter. «Da sich die Bejagung durch die unmittelbare Nähe zur Siedlung als eher schwer realisierbar erwiesen hat, wird gegenwärtig fachlich geprüft, inwiefern eine Bestandskontrolle der Elster über eine Entnahme bzw. den Austausch der Eier erfolgen kann.»
Wiederum seien in diesem Jahr bisher nur zwei Befreiungen von der Allgemeinverfügung erteilt worden. «Sehr wahrscheinlich ist das Potenzial für solche Befreiungen erheblich größer, so dass sich möglicherweise zahlreiche weitere Katzen im Freien bewegen könnten, weil sie sich durch das Tracking nachgewiesenermaßen nicht in den Gefahrenbereich für die Haubenlerche begeben», hieß es dazu.
Als Gründe dafür, dass diese Option so wenig in Anspruch genommen wird, sei der Unteren Naturschutzbehörde unter anderem genannt worden, dass ein GPS-Tracker oder eine Leine am Hals der Katze als widernatürlich angesehen und daher kategorisch abgelehnt werde. Oder das Tracking sei an einer fehlenden Eingewöhnungsphase gescheitert. (dpa/lsw)