Die Folgen einer Infektion mit der Afrikanischen Schweinepest sind weitreichend und treffen nicht nur unmittelbar betroffene Betriebe. Für die Bekämpfung der Seuche braucht es einen langen Atem.
Von Martin Oversohl und David Nau, dpa
Stuttgart/Hemsbach. In Hessen und Rheinland-Pfalz war die Seuche schon vor einigen Wochen aufgetreten, nun hat die Afrikanische Schweinepest (ASP) auch Baden-Württemberg erreicht. Im Rhein-Neckar-Kreis habe ein Jäger ein sichtbar erkranktes Wildschwein erlegt, ein Labortest habe dann den Erreger nachgewiesen, sagte Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) in Stuttgart. Das für Tierseuchen zuständige Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems bestätigte den positiven Befund.
Für Landwirte kann das Virus an die Existenz gehen. Allein im hessischen Kreis Groß-Geraus musste in den vergangenen Tagen der achte betroffene Betrieb seinen gesamten Bestand keulen – etwa 1.800 Hausschweine fielen der ASP dort zum Opfer. Auch im Südwesten sind Jäger, Betriebe und Bauern alarmiert. Einige Fragen und Antworten zur aktuellen Situation:
Die Afrikanische Schweinepest ist eine schwere, hochansteckende und unheilbare Virusinfektion, die ausschließlich Haus- und Wildschweine befällt. Es ist nicht möglich, Schweine durch eine Impfung zu schützen. Das Virus wird über den direkten Kontakt zwischen infizierten und nicht infizierten Tieren übertragen, vor allem über Blutkontakt. Es kann aber auch indirekt über verschmutzte Gegenstände wie Werkzeuge, Autos, Schuhe, Lebensmittel oder über kontaminiertes Futter von einem Tier aufs nächste übergehen.
Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums wurde das Virus 2007 aus Afrika vermutlich über den Schwarzmeerhafen von Poti nach Georgien eingeschleppt. Es hat sich seither über mehrere Trans-Kaukasische Länder nach Russland, Weißrussland und die Ukraine ausgebreitet und ist seit 2014 auch in Europa.
In Deutschland wurde die Tierseuche erstmals 2020 bei einem Wildschwein in Brandenburg nachgewiesen, ein Jahr später brach sie auch zum ersten Mal bei Hausschweinen aus. Der erste Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Baden-Württemberg passierte in einem landwirtschaftlichen Betrieb in Forchheim (Landkreis Emmendingen) Ende Mai 2022.
Nein, das Virus befällt nur Wild- und auch Hausschweine. Es ist nicht auf den Menschen übertragbar – weder durch den Verzehr von Schweinefleisch, noch über direkten Tierkontakt. Der baden-württembergische Landesjagdverband betont zudem, der Verzehr von ASP-infiziertem Wildschweinefleisch sei für Menschen nicht gefährlich. Jedes geschossene Wild werde zudem mehrfach untersucht und Blutproben geprüft.
Erkrankte Hausschweine und auch Schwarzwild leiden an Fieber, sind schwach oder haben keine Lust zu fressen, sie bewegen sich weniger, ergreifen seltener die Flucht und haben Atemprobleme. Auch Durchfall und Desorientiertheit sind nicht selten.
Die ASP verläuft fast immer tödlich, über 90 Prozent der infizierten Haus- und Wildschweine sterben innerhalb von rund einer Woche. Sie breitet sich nur vergleichsweise langsam aus, verschwindet aber auch nicht von selbst wieder. Der Erreger ist in der Umwelt und besonders im Blut extrem lange haltbar, weshalb sich beispielsweise lebende Wildschweine sehr lange an Kadavern infizierter Artgenossen anstecken können.
Nach dem Nachweis im Rhein-Neckar-Kreis werden die Sperrzonen erweitert. 15 Kilometer um den Fundort wird die sogenannte Sperrzone II eingerichtet. Diese erstreckt sich laut Ministerium auf den Stadtkreis Mannheim und auf Teile des Rhein-Neckar-Kreises. Dort dürfen Schweine nur transportiert werden, wenn sie vorher auf das Virus getestet wurden. Zudem müssen Schweinehalter besondere Sicherheits- und Hygienemaßnahmen einhalten. Es herrscht in der Zone ein striktes Jagdverbot, um keine Wildschweine aufzuschrecken, die das Virus möglicherweise verbreiten könnten.
In einem Radius von zehn Kilometern um die Sperrzone II wird eine Pufferzone eingerichtet. Diese umfasst den Rhein-Neckar-Kreis und den Stadtkreis Heidelberg. Hier sind laut Ministerium 25 Schweinebetriebe betroffen, die besondere Maßnahmen ergreifen müssen. Eine erweiterte Pufferzone umfasst zudem den Neckar-Odenwald-Kreis. Dort werde nun verstärkt gejagt, um eine weitere Ausbreitung der Seuche zu verhindern, außerdem werden erlegte oder gefundene Kadaver auf die Seuche untersucht.
Um verendete Wildschweine aufzuspüren, werden Kadaver-Suchhunde und Drohnen eingesetzt. Auch sollen bereits aufgestellte Schutzzäune, die ein Weiterwandern von infizierten Tieren verhindern sollen, verlängert werden.
Ein Eintrag in einem Hausschweinebestand und eine damit verbundene Keulung ist für jeden Betrieb eine enorme Belastung – «finanziell wie emotional», sagt Andrea Bauer vom Landesbauernverband Baden-Württemberg. Mastbetriebe könnten schnell zukaufen und wieder einsteigen, Züchter hingegen verlören ihr Genmaterial und benötigten länger, um wieder einen Bestand aufzubauen.
Bei Seuchenfällen werden Betriebe zudem nur für den sogenannten gemeinen Tierwert entschädigt, nicht für die kostspielige Haltung oder Zucht. Auch Ackerbauern sind betroffen, sagt die Verbandsreferentin. «Wird in einer Zone die Ernte verboten, ist das in der Erntephase im Sommer bitter.»
Nein, die ASP ist nur für Schweine und Wildschweine gefährlich. Andere Tierarten können sich nicht mit dem Virus anstecken.
Grundsätzlich schon und ohne Bedenken. In eng begrenzten Gebieten einer Sperrzone kann es allerdings auch vorübergehend verboten werden, den Wald oder zumindest bestimmte Wege zu benutzen. Zudem sollten Hunde an der Leine geführt werden, damit diese das Virus nicht unbemerkt weitertragen können.
Am besten ist es, man berührt den Kadaver nicht und meldet ihn unter Angabe der Geokoordinaten des Fundortes in der sogenannten Tierfund-App (www.tierfund-kataster.de). Dann wird der Fund automatisch der zuständigen Behörde gemeldet. Man kann auch die örtliche Veterinärbehörde anrufen oder per Mail informieren.
Das Virus ist äußerst robust. Bis zu 30 Tage überlebt es laut Stuttgarter Landwirtschaftsministerium in Schweinesalami, sogar 399 Tage in Parmaschinken. «Daher sollten Wurst- und Schinkenreste nur in verschlossenen Mülleimern entsorgt werden», rät das Ministerium. Außerdem sollten Reste zum Beispiel beim Picknick nicht weggeworfen werden, weil sich das Virus so auf Wildschweine übertragen könnte. «Dies ist der Hauptübertragungsweg über größere Entfernungen bei Neuausbrüchen in bis dahin ASP-freien Gebieten», warnt das Ministerium. (dpa/lsw)