Rheinland-Pfalz. Trotz einer Landesförderung für eine entsprechende Ausbildung fehlen in Rheinland-Pfalz Gebärdensprachdolmetscher. Das geht aus einer Antwort des Sozialministeriums auf eine Anfrage der CDU-Landtagsfraktion hervor. Die mangelnde Verfügbarkeit solcher Dolmetscher in Deutschland insgesamt sei im vergangenen Jahr auch vom Bundestag in Berlin problematisiert worden, schrieb das Mainzer Ministerium und ergänzte: «Von dieser Problematik ist auch Rheinland-Pfalz betroffen.»
Taube oder sehr schwerhörige Menschen haben etwa für den Umgang mit Ämtern oder Behörden den Anspruch auf einen Gebärdensprach- oder Schriftdolmetscher. In Paragraf 17 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches heißt es: «Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen haben das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, in deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren.» Die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind demnach verpflichtet, die durch die Verwendung der Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen.
Bei der Zahl der Dolmetscher für Gebärdensprache in Rheinland-Pfalz verweist das Ministerium auf Angaben der Landesdolmetscherzentrale in Frankenthal und des Gebärdensprachdolmetscherdienstes des Caritasverbandes Trier. Demnach gebe es aktuell 23 qualifizierte Gebärdensprachdolmetscher in Rheinland-Pfalz. Die Zahl der tauben Menschen im Land lag demnach nach den neuesten Zahlen des Statistischen Landesamtes von Ende 2021 bei 2355.
Daniela Dachtler vom Berufsverband der Gebärdensprachdolmetscher/innen Rheinland-Pfalz mit Sitz schätzt die Zahl der verfügbaren Dolmetscher im Land noch geringer ein. Aktuell aktiv und in Rheinland-Pfalz ansässig seien um die 15 Personen, die arbeiteten in der Funktion teils auch nicht in Vollzeit. Entsprechend könne es für Gehörlose schwierig sein, Dolmetscher zu finden.
Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD) sagte: «Menschen mit Hörbehinderungen stehen in Alltag, Beruf und Freizeit wie beispielsweise bei Behördengängen, beim Arzt, bei Betriebsversammlungen oder in Schulen und Kindergärten vor großen Herausforderungen.» Für sie könne die heutige Informations- und Kommunikationsgesellschaft voller Barrieren stecken. In vielen Lebensbereichen ermögliche erst der Einsatz von Kommunikationshelferinnen und -helfern, insbesondere von Gebärdensprachdolmetschern, eine gesellschaftliche Teilhabe.
Die Landesregierung versucht laut Ministerium, mehr Menschen für ein Studium des Gebärdendolmetschers zu gewinnen. Es fördere bis zu 90 Prozent der Studienkosten bei gleichzeitiger Verpflichtung, für eine Dauer von mindestens vier Kalenderjahren nach Ende der geförderten Ausbildung als Gebärdendolmetscher in Rheinland-Pfalz zu arbeiten.
Den Mangel beseitigt hat das bislang nicht. Dachtler zufolge gibt es in Rheinland-Pfalz auch keine Ausbildungsstätte. Absolventen von Einrichtungen anderswo in Deutschland ziehe es anschließend oft in Ballungszentren. Dachtler zufolge begleiten Gebärdensprachdolmetscher gehörlose Menschen quasi durch das ganze Leben. Das könne beginnen, wenn ein gehörloses Paar ein Kind bekomme und könne bei einer Trauerrede reden. Das gehe sehr ins Private, oft entstehe eine enge Bindung zwischen Dolmetschern und gehörlosen Menschen. Das könne emotional auch belastend sein, etwa wenn Dolmetscher bei Krebsdiagnosen oder einem Gerichtstermin wegen eines mutmaßlichen Kindesmissbrauchs dabei seien.
In den allermeisten Fällen bekämen gehörlose Menschen den Dolmetscher bezahlt, erklärte Dachtler. Wenn dieser etwa bei einem Artzbesuch dabei sei, übernehme die Krankenkasse die Kosten. Wenn ein Termin beim Jugendamt, dem Jobcenter, Arbeitsamt oder einer Wohngeldstelle anstehe, müsse die jeweilige Behörde zahlen. Nur in vergleichsweise wenigen Fällen, etwa bei einer Kreditberatung bei einer Bank, müssten Gehörlose die Kosten tragen.
Manchmal brauche es Dolmetscher auch in Randzeiten und das kurzfristig, sagte Dachtler. Dann werde es besonders problematisch, jemanden zu finden. In anderen Bundesländern gebe es eine Art Kontingent an Dolmetschern, die Bereitschaft haben. In Rheinland-Pfalz sei schon häufig angesprochen worden, dass das wünschenswert sei – nach wie vor gebe es so etwas hier aber nicht. (dpa/lrs)