Die Vorbereitungen in den rheinland-pfälzischen Rathäusern und dem Statistischen Landesamt für den ersten Zensus nach elf Jahren laufen auf Hochtouren. Derzeit werden «Erhebungsbeauftragte» – also Interviewer – für die wenige Minuten lange Befragung geschult. Trotz zahlreicher anderer aktueller Aufgaben wie Corona und der Unterbringung der Ukraine-Flüchtlinge sehen sich die Städte und Gemeinden dieser Pflichtaufgabe aber gewachsen. Von 15. Mai an geht es bei einer Stichprobe los – vorgesehen sind zwölf Wochen bis 7. August.
«Natürlich ist eine solche Erhebung eine Mehrbelastung für die Stadtverwaltung – aber dazu darf ja auch Personal befristet eingestellt werden», sagt Michael Schmitz aus Trier. Denn: «Es handelt sich dabei um eine Pflichtaufgabe, für die nach gesetzlichen Vorgaben eine kommunale Erhebungsstelle eingerichtet werden darf.» Der Sprecher der Stadt Kaiserslautern, Matthias Thomas, berichtet: «Es gibt keine Überschneidungen zu den Abteilungen, die sich um Corona und/oder die Ukraine-Flüchtlinge kümmern.»
Die Sprecherin der Stadt Ludwigshafen, Simone Müller, sagt: «Die Stadtverwaltung erfüllt die ihr im Rahmen des Gesetzes übertragenen Aufgaben, wie die anderen beteiligten Kommunen und Kreise auch.» Das vierköpfige Organisationsteam Zensus habe bereits 2018 mit den Vorbereitungen angefangen. Der Koblenzer Stadtsprecher Thomas Knaak erinnert daran: «Über die Durchführung des Zensus wussten wir lange Bescheid und er wurde wegen Corona um ein Jahr verschoben.» Dennoch stellt der Städtetag fest: Die Belastungen der städtischen Mitarbeiter sind «nach wie vor hoch.»
Schwierigkeiten, genügend sogenannte Erhebungsbeauftragte zu finden, haben die Städte nur vereinzelt. «Die kommunalen Erhebungsstellen haben die Rekrutierung der Erhebungsbeauftragten weitgehend abgeschlossen», sagt der Sprecher des Landesamts, Jürgen Hammerl. «Derzeit laufen die Schulungen. Um etwaige Ausfälle zu kompensieren, werden vereinzelt noch Ersatzkräfte gesucht.»
20 Prozent mehr Anfragen als offene Stellen, gab es in Kaiserslautern. 92 werden gebraucht. «Nun haben uns jedoch einige kurzfristige Absagen erreicht, weswegen die Kollegen grad an der Nachbesetzung sind», beichtet Thomas. In Trier werden gerade 120 «Erhebungsbeauftragte» geschult. «Zusätzlich haben wir eine Reserve aufgebaut und schulen außerdem die Erhebungsbeauftragten des Landkreises Trier-Saarburg», sagt Schmitz. «Die Stadt Koblenz hat aktuell 78 Erhebungsbeauftragte und kommt damit aus», berichtet Knaak.
In Mainz sind es 200. Neben städtischen Beschäftigten und Wahlhelfern werden vor allem viele Studenten von Tür zu Tür ziehen, denn es gibt auch eine Aufwandsentschädigung, bis zu 1000 Euro seien steuerfrei zu erreichen, heißt es. Bezahlt wird pro Anschrift und befragter Person. Die Haushaltsstichprobe liegt bei etwa 2300 Gebäuden mit insgesamt rund 19 000 Auskunftspflichtigen.
Nach einer Anwerberkampagne seien in Ludwigshafen zunächst genügend Interessenten gewonnen worden, im April allerdings auch wieder welche abgesprungen, berichtet Müller. Noch zehn Erhebungsbereiche seien aktuell zu vergeben.
Alle 1,2 Millionen Besitzer von Gebäuden und Immobilien werden laut Statistischem Landesamt in Rheinland-Pfalz gefragt – sowie eine Stichprobe von 400 000 Bürgern, darunter auch in Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften. Die Ergebnisse sollen Ende nächsten Jahres vorliegen.
Die Angaben der Bürger werden anonym verwertet. Sie würden nicht weitergegeben, weder ans Finanzamt, noch an die Wohnbehörde oder die GEZ, betont der Leiter des Mainzer Bürgeramts Andreas Drubba. Der Städtetagspräsident und Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) appelliert an die Bürger, den Interviewern freundlich entgegen zu treten.
Es besteht eine gesetzliche Auskunftspflicht. «Das ist keine freiwillige Erhebung», betont Hürter. Wer auf einen ersten Brief nicht reagiert, bekomme zunächst eine freundliche Erinnerung. Dann beginnt ein Mahnverfahren. Drubba spricht von einem Zwangsgeld von 300 Euro, die Auskunftspflicht bleibe dann aber trotzdem weiter bestehen.
«Wir versuchen den Menschen die Meldung so einfach wie möglich zu machen», sagte Hürter. So kann man über ein Online-Formular antworten. Es sind aber auch Antworten auf Papier möglich, die ausgefüllten Bögen können kostenlos zurückgeschickt werden, sagt Drubba.
Die Ziele formulierte Hürter so: die Ermittlung einer möglichst realitätsnahen Einwohnerzahl. Diese ist Bemessungsgrundlage für den Länderfinanzausgleich, die Einteilung von Wahlkreisen und die Festlegung der Länderstimmen im Bundesrat. Ein weiteres Ziel seien Strukturdaten zu Bevölkerung, Haushalten, Erwerbstätigkeit, Bildung und Gebäuden. So etwas wird für die Stadtentwicklung gebraucht, auch zu Planungen für Sozialbereich, Wohnungsmarkt und Verkehr.
Städtetagspräsident Ebling spricht von «Lebensparamentern der Bevölkerung», die für eine vorausschauende Stadtentwicklung zusammengebracht werden sollten, etwa um Kindergärten, Schulen und Verkehrsadern zu planen. Nach Geld oder der Religion werde nicht gefragt, betont Drubba. In den insgesamt rund 40 Fragen geht es vielmehr um den Familienstand, die Staatsangehörigkeit, den Schul-, Bildungs- und Berufsabschluss sowie die berufliche Tätigkeit.