Mainz. Stille Nacht statt Songs wie «Last Christmas»? Das könnte auf einigen rheinland-pfälzischen Weihnachtsmärkten möglicherweise Realität werden. Denn Städte und Kommunen diskutieren derzeit mit der Musik-Verwertungsgesellschaft Gema ums Geld und die Höhe der Gebühren, die für das Abspielen von Musik bezahlt werden müssen.
Bei Anwendung des aktuellen Tarifs würden in der Landeshauptstadt Mainz etwa 60 000 Euro Gema-Gebühr anfallen, um auch in Zukunft Musik auf dem Weihnachtsmarkt abspielen zu dürfen, sagt der Sprecher der Stadt Mainz, Ralf Peterhanwahr. Und das bei identischer Dimensionierung, Angebot und Fläche im Vergleich zu 2022. Demnach sei nicht auf dem gesamten Gelände Musik zu hören, sondern lediglich auf der Bühne am Liebfrauenplatz und einmalig bei der Eröffnungsfeier. In den Vorjahren beliefen sich die Rechnungen auf rund 2000 Euro, für 2022 wurden 4670 Euro berechnet.
Nachmessungen ergeben deutlich größere Flächen
Der Hintergrund: An den Tarifen und Gebühren der Musikverwertungsgesellschaft Gema hat sich in den vergangenen Jahren nichts geändert. Die Verwertungsgesellschaft berücksichtigt bei ihren Berechnungen die gesamte Veranstaltungsfläche. In der Vergangenheit wurde die Musik auf Basis der von den Kundinnen und Kunden gemeldeten Nutzungsflächen lizenziert, heißt es von der Gema. Nach der Corona-Pandemie seien jedoch bei Nachmessungen der Fläche zum Teil deutliche Diskrepanzen festgestellt worden. Es handele sich daher nicht um neue Tarife, sondern um eine konsequente Anwendung der bestehenden Tarife.
Die Stadt Landau hat schon einen anderen Weg gefunden. Sie spielt auf dem Thomas-Nast-Nikolausmarkt seit 2021 nur noch Gema-freie Musik. Die hohen und immer höher werdenden Kosten seien der Grund für diesen Schritt gewesen, erklärt eine Sprecherin.
Unabhängig davon seien die Preise auch für andere Feste der Stadt ein Problem. Beim Landauer Sommer beispielsweise könnte internen Berechnungen zufolge künftig eine Gema-Gebühr von rund 72 000 Euro anfallen, statt wie zuletzt für 2019 4762 Euro. Oberbürgermeister Dominik Geißler (CDU) hat deswegen den Städte- und den Landkreistag in Rheinland-Pfalz eingeschaltet, diese wiederum ihre bundesweiten Pendants.
Gema mit Städten und Gemeinden im Austausch
In Sachen Weihnachtsmärkte hat der Städtetag bereits reagiert und das Gespräch mit der Gema gesucht. «Uns wurde zugesagt, dass die Gema auf die Städte mit signifikant höheren Rechnungen zugehen wird, um Lösungen dafür zu finden», heißt es vom Deutschen Städtetag. Gema-Sprecherin Ursula Goebel bestätigt: «Mit einigen wenigen Kunden stehen wir noch im Austausch, um eine für beide Seiten angemessene Lösung zu finden.»
Für die kommende Saison 2023 werde die Gema die Lizenzhöhe der Saison 2022 ansetzen. «Das heißt, dass auch die im Einzelfall für 2022 rückwirkend verhandelten Lizenzbeträge wieder angesetzt werden – und nicht die Lizenzsumme, die laut Tarif und der Berechnung der gesamten Veranstaltungsfläche anfallen würde», so Goebel.
In Rheinland-Pfalz wurden nach Gema-Angaben insgesamt 62 Weihnachtsmärkte abgerechnet, die 2022 stattgefunden haben. Die Preise für elf Märkte wurden nachträglich angepasst, aufgrund von Reklamationen oder Angemessenheitsprüfungen. Besondere Steigerungen habe es für die Märkte in Koblenz, Mainz und Trier gegeben.
Steigerungen im fünfstelligen Bereich in 35 Fällen
Der private Veranstalter des Weihnachtsmarktes in Trier berichtet, dass sie Preissteigerungen in den vergangenen Jahren durch Anpassungen im Programm, wie zum Beispiel der Anzahl der gespielten Stücke, aufgefangen haben. Man zahle daher einen gleichbleibenden mittleren vierstelligen Betrag an die Gema.
Deutschlandweit hat die Gema nach eigenen Angaben rund 3350 Rechnungen für Weihnachtsmärkte versendet. Rund 135 Kunden haben aufgrund signifikanter Preissteigerungen reklamiert. In 35 Fällen habe es Steigerungen im fünfstelligen Bereich gegeben, so die Gema.
Die Verträge für das Musikprogramm auf dem diesjährigen Mainzer Weihnachtsmarkt seien bereits geschlossen, erklärt Sprecher Peterhanwahr. Das Konzept bleibe bestehen, Wenn die Gema jedoch an ihren Berechnungen festhält, könnte es in Zukunft möglicherweise einen komplett stillen Markt geben, ähnlich wie in Bad Dürkheim. Dort umgeht die Stadt Diskussionen um die Musik, indem sie keine spielt. (dpa)