Di, 01.08.2023 , 08:12 Uhr

Rheinland-Pfalz: DGB offen für Vier-Tage-Woche - Unternehmer: Unangebrachte Debatte

Gerade für jüngere Menschen könnte die Vier-Tage-Woche ein attraktives Modell sein, argumentiert der DGB. Das Modell sei zwar nicht in jeder Branche anwendbar. Die Arbeitgeber müssten bei den Arbeitsbedingungen aber insgesamt viel flexibler werden. Die Unternehmer im Land treten kräftig auf die Bremse.

Mainz. Der DGB in Rheinland-Pfalz steht der Vier-Tage-Woche offen gegenüber. «Es kann eines von vielen Instrumenten sein, damit wir Arbeitszeiten haben, die zum Leben passen», sagte die Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Susanne Wingertszahn, der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. Wichtig sei für die Gewerkschaft aber, dass eine Vier-Tage-Woche nur mit einer Arbeitszeitverkürzung einhergehen könne.

Es dürfe nicht sein, dass die Wochenstunden mit dem Modell einfach auf vier statt auf fünf Tage verteilt werden, mahnte die DGB-Chefin. Wer zehn Stunden täglich arbeite, gehe alles andere als erholt in den gewonnenen freien Tag. Klar müsse bei den Überlegungen auch sein, dass die Vier-Tage-Woche nicht ohne Weiteres in allen Arbeitsbereichen anwendbar sei: Bei Kitas, in der Pflege oder beim Polizeiberuf müsste eine Arbeitszeitverkürzung mit einer Aufstockung des Personals einhergehen.

«Wir dürfen die Debatte um die Arbeitszeit nicht auf ein einziges Modell wie die Vier-Tage-Woche verengen», betonte die Gewerkschafterin. Das Leitbild des DGB sei eine moderne Arbeitszeitgestaltung, die viele verschiedene Bedürfnisse unter einen Hut bringt. «Die Richtung muss sein: kürzer und selbstbestimmter, statt immer länger und mit immer höherer Schlagzahl», erklärte Wingertszahn. Arbeitszeit müsse dabei klar geregelt sein. Das gehe nur über Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen. Deshalb sei es so bedenklich, dass die Tarifbindung in Rheinland-Pfalz sinkt.

Die Unternehmen müssten sich gerade angesichts des Fachkräfteengpasses in etlichen Branchen bewegen, forderte die Landesvorsitzende. Bei vielen Jüngeren passe das tägliche Arbeiten in der Zeit von 9 bis 17 Uhr nicht mehr deren Vorstellungen eines selbstbestimmten Arbeitslebens mit flexiblen Arbeitszeiten mit ausreichend Raum für Erholung und Hobbys zusammen.

«Die Fachkräfteengpässe herrschen vor allem in den Branchen, in denen die Arbeitsbedingungen nicht attraktiv sind», berichtete die Gewerkschafterin. Fachkräfte können jedoch nur durch bessere Arbeits- und Ausbildungsbedingungen gewonnen und gehalten werden. «Da ist die Arbeitszeit ein wesentliches Element.» Arbeitszeitverkürzungen könnten außerdem zu mehr Produktivität führen und das Arbeitsvolumen steigern. Jede Branche müsse dabei aber individuell bewertet werden, betonte Wingertszahn.

Nach einer jüngst veröffentlichten repräsentativen Umfrage der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung stößt die Vier-Tage-Woche bei den Erwerbstätigen in Deutschland auf große Sympathie. Voraussetzung war für die Befragten aber, dass Lohn und Gehalt dadurch nicht sinken. An einer Reduzierung der Arbeitszeit bei sinkendem Entgelt war demnach das Interesse der Beschäftigten dagegen eher gering.

Die Landesvereinigung Unternehmerverbände in Rheinland-Pfalz reagierte ablehnend auf den DGB-Vorstoß zur Vier-Tage-Woche. «Im Vergleich der führenden Industrie- und Wirtschaftsstaaten fallen wir immer weiter zurück», sagte Hauptgeschäftsführer Karsten Tacke der dpa. «Das bereitet uns größte Sorgen. Leider scheinen einige den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt zu haben.»

In Zeiten von Fachkräftemangel, Inflation und einer schrumpfenden Wirtschaft seien Debatten über Arbeitszeitverkürzungen nicht nur völlig unangebracht, sondern auch gefährlich, mahnte der Hauptgeschäftsführer. Denn sie vermittelten einen völlig falschen Eindruck von der Realität.

«So verlockend diese Forderung zunächst auch daherkommen mag, eine Verringerung des Arbeitszeitvolumens wäre derzeit absolut schädlich», betonte Tacke. «Wir sollten vielmehr dringend schauen, wie wir den Abwärtstrend schnellstens stoppen und wieder auf einen Wachstumskurs zurückfinden können. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten.» (dpa)

DGB rheinland-pfalz

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