Landau/Neuwied/Mainz. Beim Cannabis-Social-Club Smokingz-Neuwied klingelt zurzeit häufig das Telefon. «Wir kriegen täglich Anfragen. Die Nachfrage und das Interesse sind sehr stark bei uns aktuell», sagt der Vorsitzende Gülhan Basibüyük in Neuwied. Seit drei Wochen gibt es den Verein, er zählt bereits rund 130 Mitglieder. Richtig losgehen kann es aber noch nicht. «Wir sind vorbereitet. Aber wir warten das geplante Gesetz ab, weil wir müssen vorher wissen, was es vorgibt», sagt er.
So wie dem sogenannten Social Club in Neuwied geht es auch anderen Vereinen im Land, die bei der geplanten Teil-Legalisierung von Cannabis eine Rolle spielen könnten. Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zufolge sollen die Mitglieder in den Clubs Cannabis gemeinschaftlich anbauen und einander gegenseitig abgeben dürfen – pro Monat höchstens 50 Gramm pro Mitglied. Gekifft werden darf den Plänen zufolge in den Clubs aber nicht.
Der Dachverband deutscher Cannabis Social Clubs (CSCD) listet für Rheinland-Pfalz derzeit sechs Vereine auf. Außer in Neuwied gibt es solche Clubs in Mainz, Andernach, für die Region Pfälzer Wald, in der Südpfalz und im Oberen Glantal. Für das Saarland ist demnach noch kein Verein bekannt.
Unklarheit für «Social Clubs»
«Es gibt viele offene Fragen, die kann uns nur das Gesetz beantworten», sagt der Vorsitzende des Cannabis Social Clubs (CSC) Südpfalz, Carsten Boge, bei Landau. Vor allem was den Anbau und die Ausgabestationen angehe: Welche rechtlichen Sicherungen braucht es da? Welche Genehmigungen müssen vorliegen? Der Verein schaue sich derzeit bereits mehrere Immobilen an. «Wir holen uns Angebote ein, sondieren die Lage und warten auf die Gesetzgebung.»
Auch Boge berichtet von vielen An- und Nachfragen. Der CSC Südpfalz zähle derzeit 60 Mitglieder. Mehr als doppelt so viele Menschen stünden im Hintergrund bereit. Er glaubt, wenn es ein zeitnahes Datum zur Legalisierung gebe, dann sei die Zahl der bisher als Maximum für einen Verein vorgegebenen 500 Mitgliedern «innerhalb von Tagen» erreicht.
Für ihn ist klar, dass eine Legalisierung mit Aufklärung und «einem verantwortungsvollen Umgang» verbunden sein muss. «Ich sehe es als Chance», sagt er. In seinem Verein solle es einen Suchtbeauftragten geben. Basibüyük vom Cannabis-Social-Club Smokingz-Neuwied sieht in dem Gesetz einen wichtigen Schritt zur Entkriminalisierung.
Gesetz soll 2024 kommen
Dem Beschluss der Ampel-Regierung zufolge soll Cannabis nicht mehr länger als verbotene Substanz gelistet sein, Erwachsenen soll der Besitz von 25 Gramm erlaubt werden. Privat sollen maximal drei Cannabis-Pflanzen angebaut werden dürfen. Das Vorhaben muss noch vom Bundestag beschlossen werden, auch der Bundesrat muss sich damit befassen. Inkrafttreten könnte das Gesetz Anfang 2024.
Eigentlich war die erste Beratung des umstrittenen Gesetzentwurfes an diesem Freitag geplant gewesen. Die Beratung wurde nach Angaben des Bundestags abgesetzt und verschoben. Laut Medien soll dies mit Rücksicht auf die Ereignisse in Israel geschehen sein.
Kritik der CDU am Gesetz
Der rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende Christian Baldauf hält den Schritt der Legalisierung für falsch. «Ich muss leider konstatieren, dass die Ampel-Koalition in ihrer ideologischen Verblendung mit der geplanten Legalisierung die Gesundheitsschäden Tausender, vielfach junger Menschen in Kauf nimmt. Das ist und bleibt unverantwortlich», erklärte Baldauf. Cannabis sei eine gefährliche Droge, oft die Einstiegsdroge für Jugendliche. «Wir sollten alles dafür tun, jungen Menschen eine Suchtkarriere bereits im Vorfeld zu ersparen.»
Auf keinen Fall dürften Abstandszonen rund um Kitas und Schulen aufgeweicht werden, unterstrich Baldauf. «Im Gegenteil: Man sollte sie noch ausweiten. Unsere Kinder und Jugendlichen haben eine Recht auf besonderen Schutz.» Er wolle nicht, dass für Kinder und Jugendliche der Anblick kiffender Menschen in der Öffentlichkeit normal werde – «und so eine gefährliche Droge an Schrecken verliert».
«Falscher Weg» für Gewerkschaft der Polizei
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält den Gesetzentwurf für «nicht praxistauglich». «Das Vorhaben ist geeignet, zu einem Konjunkturprogramm für den Schwarzmarkt zu werden», sagte der stellvertretende GdP-Landesvorsitzende Sven Hummel. Dazu trage bei, dass eine Strafverfolgung bei Besitz und Erwerb künftig erst beim Überschreiten der Höchstgrenze von 25 Gramm einsetzen soll. «Darauf wird sich der illegale Markt einstellen und dürfte diesen befeuern.»
Er sei überzeugt, dass das Gesetz nicht zur Arbeitsentlastung führen werde. Zudem seien die Folgen für den Straßenverkehr in bisherigen Befassungen vernachlässigt worden – hier bedürfe es einer neuen und möglichst geringen Festsetzung eines THC-Grenzwertes. «Experimente auf Kosten der Sicherheit darf es nicht geben», betonte Hummel.
«Es mag ja gute Argumente im Hinblick auf eine Entkriminalisierung von Konsumenten geben», so der Vize-Landesvorsitzende. «Dann aber auch noch zusätzlich den Verkauf zu erlauben, ist der falsche Weg.» (dpa)