Rhein-Neckar. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar blickt nach einer Herbst-Konjunkturumfrage besorgt auf die Wirtschaft in der Region. „Die vielen strukturellen Probleme bremsen die Entwicklung der Wirtschaft in der Rhein-Neckar-Region aus“, teilte Hauptgeschäftsführer Axel Nitschke mit. Es fehle weiterhin an Wachstumsimpulsen, vor allem die Industrie gerate in schwieriges Fahrwasser, wurde Nitschke weiter zitiert.
Stimmung wird zusehends schlechter
Die Stimmung in der Industrie sei nur in der Finanz-Krise 2008/09 und zu Beginn der Corona-Krise schlechter gewesen. Das zeige den Ernst der Lage. Von der zwischenzeitlichen gesamtwirtschaftlichen Stimmungsaufhellung im Frühsommer sei im Herbst nichts mehr zu spüren. Die Inflation sei zwar zurückgegangen, doch das reiche nicht aus, um die Konjunktur in Schwung zu bringen.
Der IHK-Konjunkturklimaindex, Gradmesser für die wirtschaftliche Entwicklung in der Rhein-Neckar-Region, beträgt aktuell 98 Punkte. Der Wert ist damit seit Mai um elf Punkte gesunken. Erstmals seit zwei Jahren liege er wieder unter der wichtigen 100-Punkte-Marke, die Wachstum signalisiert, hieß es in einer Mitteilung.
Kritik an Wirtschaftspolitik wächst – IHK fordert Neuanfang
Die schwache Inlandsnachfrage sei für die Unternehmen das größte Risiko. Der Mangel an Fach- und Arbeitskräften ginge etwas zurück, treibe aber immer noch mehr als die Hälfte der Unternehmen um. Jeder zweite Betrieb sehe zudem in hohen Arbeits- und in hohen Energiekosten ein Risiko. Der deutlichste Zuwachs zeige sich bei der Kritik an den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Vier von zehn Unternehmen bewerteten sie mittlerweile als „belastend“. Die Summe von Fehlentscheidungen in den vergangenen zehn Jahren in der Energie-, Umwelt-, Sozial-, Infrastruktur- und Haushaltspolitik verhindere kurzfristig den Aufschwung und schränke auch langfristig Wachstumspotenziale ein, sagte Nischke und mahnte: „Was wir jetzt brauchen, ist ein Neuanfang in allen Politikbereichen mit einem klaren Fokus auf Wachstum“.
Negative Stimmen in Industrie und Handel überwiegen
Die Lagebeurteilung in den einzelnen Wirtschaftszweigen fällt unterschiedlich aus. Während die Dienstleister ihre Geschäftslage im Saldo positiv bewerten, überwiegen in der Industrie und im Handel die negativen Stimmen. „Die Industrie steckt im Tief. Und nachdem viele Dienstleister direkt oder indirekt von der Industrie abhängen, droht auch hier eine Verschlechterung der bislang noch zufrieden stellenden Geschäftslage“, so Nitschke.
Nur noch sechs Prozent der Unternehmen meldeten eine per Saldo gute Geschäftslage. Im Vergleich zum Frühsommer bedeutet dies einen Rückgang um 13 Prozentpunkte. Auch bei den Geschäftsaussichten zeichnete sich ein Abwärtstrend ab. Sie liegen aktuell mit -10 Punkten im negativen Bereich, der Saldo war im Mai mit -1 Punkt noch nahezu ausgeglichen. An der IHK-Konjunkturumfrage im Herbst beteiligten sich 395 Unternehmen der Region aus allen Wirtschaftszweigen.
(dls)