Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat grundsätzliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Bewertungsregeln für die neue Grundsteuer. Man habe ernste Bedenken, „dass die Regelungen des Bewertungsgesetzes überhaupt geeignet seien, eine realitäts- und relationsgerechte Grundstücksbewertung zu erreichen“, teilte die Justiz in Neustadt an der Weinstraße am Montag mit. Das höchste Finanzgericht des Bundeslandes gab damit in einem Eilverfahren zwei Antragstellern recht, setzte die Vollziehung ihrer Grundsteuerwertbescheide aus und ließ „wegen der grundsätzlichen Bedeutung“ der Rechtssache und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung – aufgrund der Abweichung von einem Urteil des Sächsischen Finanzgerichts – die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zu. In einem Fall ging es um ein 1880 errichtetes, unrenoviertes Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 72 Quadratmetern. Hier hatte das Finanzamt den Grundsteuerwert auf 91.600 Euro festgestellt. Der zweite Fall betraf ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 178 Quadratmetern, das 1977 bezugsfertig errichtet wurde. Obwohl in Hanglage und nur über einen Privatweg erreichbar, stellte das Finanzamt den Grundsteuerwert auf 318 800 Euro fest. Jedoch äußerte das Finanzgericht in Neustadt „ernstliche Zweifel sowohl an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit der einzelnen Bescheide, als auch an der Verfassungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Bewertungsregeln“. Das Gericht hat vor allem Zweifel daran, dass die entscheidend in die Bewertung eingeflossenen Bodenrichtwerte rechtmäßig zustande gekommen sind, auch was zum Beispiel die gesetzlich geforderte Unabhängigkeit der Gutachterausschüsse angeht – hier könnten „Einflussnahmemöglichkeiten nicht ausgeschlossen werden“. Zudem kritisierte das Finanzgericht, dass Steuerpflichtige nicht die Möglichkeit hätten, einen unter dem typisierten Bodenrichtwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachweisen zu können – etwa mit einem Gegengutachten, das aber eben nicht vorgesehen ist. Die Vorsitzende Richterin am Finanzgericht, Barbara Weiß, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Entscheidungen betreffe zwei Einzelfälle – eine abschließende Entscheidung auch über die Verfassungsmäßigkeit der Bewertungsregeln stehe aus. Man rechne mit einer zeitnahen Entscheidung des Bundesfinanzhofs, der sich der Brisanz sicher bewusst sei, betonte die Sprecherin des Gerichts. Anhand der Erklärungen der Eigentümer stellt das Finanzamt zwei Bescheide aus: Grundsteuerwertbescheid und Grundsteuermessbescheid. Sie bilden die Grundlage für die Festsetzung der Grundsteuer durch die Kommunen. Die neue Grundsteuer soll ab Anfang 2025 gelten. In Rheinland-Pfalz müssen insgesamt rund 2,5 Millionen Immobilien neu bewertet werden. Im November hatte das Finanzministerium in Mainz mitgeteilt, dass im Bundesland fast 279.000 Einsprüche gegen die Bescheide zur Berechnung der
Grundsteuer eingelegt worden seien. (lrs/mj)