Im Interview mit RNF-Geschäftsführer Ralph Kühnl spricht Manfred Schnabel, Präsident der IHK Rhein-Neckar, über die wirtschaftlichen Perspektiven und Herausforderungen der Metropolregion. Trotz Unsicherheiten zeigt sich Schnabel optimistisch und betont die Stärken der vielfältigen Wirtschaftsstruktur.
Der IHK-Präsident eröffnet das Gespräch mit einem optimistischen Blick auf die regionale Wirtschaft: „Die größte Zuversicht schöpfe ich aus den Unternehmen selbst, denn sie machen nach wie vor einen tollen Job.“ Trotz der aktuellen Herausforderungen hebt er die Stärke und Vielfalt der hiesigen Unternehmen hervor. Die Region profitiert von einer breiten Branchenvielfalt und einer guten Mischung aus unterschiedlichen Unternehmensgrößen.
Die Rolle der Politik
Schnabel sieht Anzeichen dafür, dass die Politik die Zeichen der Zeit erkennt: „Es gibt erste positive Moves, vor allem vom Bund.“ Er erinnert daran, dass Deutschland schon einmal als „kranker Mann Europas“ gilt und durch mutige Reformen wieder auf die Beine kommt. Dies gibt Hoffnung, dass auch die aktuellen Herausforderungen gemeistert werden können.
Strukturelle Probleme und Wettbewerbsfähigkeit
Ein zentraler Punkt des Interviews ist die Analyse der aktuellen wirtschaftlichen Lage in der Region. „Wir leiden unter den Faktoren, die aus Deutschland und Europa kommen, vor allem unter der Wettbewerbsschwäche und dem Unvermögen, schnell genug zu reagieren,“ erklärt Schnabel. Trotz dieser Herausforderungen ist die Region gut aufgestellt, weil sie nicht von einer einzelnen Branche abhängig ist, wie es beispielsweise in Stuttgart mit der Automobilindustrie der Fall ist.
Herausforderungen durch hohe Energiekosten
Ein besonders heiß diskutiertes Thema ist die Ankündigung der BASF, in den kommenden Jahren eine Milliarde Euro jährlich am Standort Ludwigshafen einzusparen. Schnabel erläutert, dass hohe Energiekosten eine zentrale Rolle spielen: „Das ist auch der Grund, warum wir als IHK die Stromstudie bei Fraunhofer ISE beauftragen.“ Die Studie soll aufzeigen, wie die Region durch erneuerbare Energien besser versorgt werden kann, doch selbst optimistische Szenarien reichen nicht aus, um den Bedarf der Industrie zu decken.
Bürokratie und Regulatorik als Bremsklötze
Ein weiteres großes Thema ist die Bürokratie. Schnabel kritisiert die überbordende Regulatorik: „Wir brauchen eine bessere Regulatorik, weniger Bürokratie und vor allem eine, die besser aufeinander abgestimmt ist.“ Als Beispiel nennt er die neue Lkw-Maut für Lieferfahrzeuge ab 3,5 Tonnen, die seiner Meinung nach wenig sinnvoll ist und nur zusätzliche Bürokratie verursacht.
Infrastruktur und Verkehr
In Bezug auf die regionale Infrastruktur betont Schnabel, dass bereits Fortschritte erzielt werden, beispielsweise durch den Handwerkerparkausweis, der für die gesamte Region gilt. Dennoch gibt es weiterhin große Herausforderungen, insbesondere bei der Verkehrsanbindung und dem ÖPNV. „Wir brauchen dringend die Viergleisigkeit zwischen Mannheim und Heidelberg, aber die Signale von der Bahn sind deprimierend,“ sagt er.
Einzelhandel und Kaufkraft
Schnabel gibt auch Entwarnung bezüglich der Kaufkraft in der Region: „Die Menschen haben grundsätzlich mehr Geld im Portemonnaie und es landet auch nach wie vor viel Geld im Handel.“ Er sieht die aktuelle Konsumflaute eher als Folge einer allgemeinen Verunsicherung.
Kooperation und gemeinsame Strategien
Ein Lichtblick ist für Schnabel die gute Zusammenarbeit innerhalb der Region. Die Gründung der IHK-Metropolregion Rhein-Neckar und gemeinsame Projekte wie die Stromstudie zeigen, dass eine enge Kooperation von Vorteil ist. „Das stärkt uns sehr und bringt uns voran,“ so Schnabel.
Zum Abschluss des Interviews betont Schnabel die Komplexität der wirtschaftlichen Herausforderungen und die Notwendigkeit, die Wirtschaft als ein Ökosystem zu betrachten: „Es geht darum, unsere Wirtschaft wie ein Ökosystem zu begreifen, wo die Räder ineinandergreifen.“ Sein Wunsch ist, dass die Politik die Rahmenbedingungen für Unternehmertum auf Grün stellt und das gesamte System im Blick behält.