Mannheim. Das Verfahren gegen den Polizeibeamten, der am 23. Dezember 2023 im Rahmen eines polizeilichen Einsatzes von seiner Dienstwaffe Gebrauch machte, ist wegen erwiesener Unschuld eingestellt worden. Das teilte die Staatsanwaltschaft Mannheim am Mittwoch mit. Bei dem Einsatz wurde ein 49-jähriger Mann durch die Schüsse aus der Dienstwaffe schwer verletzt und verstarb in der Folge.
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen habe der beschuldigte Polizist bei dem Einsatz seiner Schusswaffe in Notwehr und damit gerechtfertigt gehandelt. Nach der Rekonstruktion des Geschehens, insbesondere durch die Auswertung des umfangreichen Videomaterials, hatten verschiedene Polizeibeamte über die Dauer von mindestens zehn Minuten versucht, den Verstorbenen zum Ablegen des großen Küchenmessers mit einer Klingenlänge von etwa 15 Zentimeter zu bewegen.
Dabei zogen die Polizeibeamten ihre dienstlichen Schusswaffen und drohten wiederholt deren Einsatz an. Der Verstorbene habe sich während dieser Zeit auf der Straße und den Gehwegen hin und her bewegt und sei auch mehrfach drohend auf die Polizeibeamten zugegangen. Zudem habe er mit dem Messer in deren Richtung gestikuliert, hieß es in einer Mitteilung. Immer wieder habe er die Polizeibeamten aufgefordert, ihn zu erschießen.
Schließlich stand er drei Polizeibeamten gegenüber, darunter der Beschuldigte. Der 49-Jährige habe sich zunächst langsam auf die Polizeibeamten zubewegt, bis der Abstand nur noch weniger als fünf Meter betrug. Anschließend habe er etwa 13 Sekunden nahezu unbewegt, jedoch unter sichtlicher Muskelanspannung den Polizeibeamten gegenüber gestanden und diese fixiert. Hierbei habe er das Messer fest in der Hand gehalten und mit der Spitze in Richtung der Polizeibeamten gezeigt.
Ohne weiteren Wortwechsel oder sonstige Ankündigung habe er sich plötzlich schnellen Schrittes in Richtung der Polizeibeamten in Bewegung gesetzt. Nachdem er zwei Schritte gegangen war, gab der beschuldigte Polizist innerhalb von weniger als zwei Sekunden insgesamt vier Schüsse aus seiner Dienstwaffe auf den Mann ab. Dieser stürzte nach dem ersten Schuss zu Boden, wobei er sich zu diesem Zeitpunkt in einer Entfernung von 2,9 Metern zu den Polizeibeamten befand. Zum Zeitpunkt der Schussabgabe habe nach Angaben der Staatsanwaltschaft ein Angriff auf den Beschuldigten unmittelbar bevorgestanden.
Die Verwirklichung eines Verbrechens des (versuchten) Totschlags zu Lasten des beschuldigten Polizisten oder der weiteren zwei Polizeibeamten war nach Angaben der Behörde zu befürchten. Der Schusswaffeneinsatz sei das erforderliche und geeignete Mittel gewesen, diesen Angriff zu beenden.
Ein Wechsel von der Dienstwaffe zum Pfefferspray sei dem Beschuldigten in dieser Situation nicht mehr möglich und zumutbar gewesen. Dass der Verstorbene möglicherweise nicht oder nur erheblich vermindert schuldfähig gewesen sein könnte, ändere daran nichts. Dies war zum einen für den Beschuldigten nicht deutlich erkennbar, zum anderen wäre dem Beschuldigten ein Ausweichen ohnehin nicht mehr möglich gewesen. Er sei bereits so weit zurückgewichen, wie es die räumlichen Verhältnisse vor Ort zuließen.
Die Tatsache, dass der Beschuldigte vier Schüsse abgegeben hat, ändert nach Angaben der Staatsanwaltschaft nichts an der rechtlichen Bewertung. Die rechtsmedizinische Untersuchung ergab, dass der 49-Jährige an den Folgen der Verletzungen durch die erste, gerechtfertigte Schussabgabe verstorben ist. Todesursache war ein Herzpumpversagen in Kombination mit Verbluten nach innen infolge eines Durchschusses von Herz und rechter Lunge. Die Abgabe nur eines Schusses und ein Abwarten, ob dieser bereits die erhoffte Wirkung entfaltet, sei außerdem auf Grund des geringen Abstands zwischen dem Verstorbenen und dem Beschuldigten nicht zumutbar gewesen. Dann wäre keine Zeit mehr geblieben wäre, weitere Schüsse abzugeben.
Der Fall hatte in Mannheim für großes Aufsehen gesorgt. Ebenso wie der Fall im Mai 2022, als ein Mann bei einem Einsatz am Marktplatz ums Leben kam. Ein Polizist war im Frühjahr 2024 zu einer Geldstrafe verurteilt worden, sein Kollege wurde freigesprochen. (dls)