Mannheim. Die Tarifauseinandersetzung in der Metall- und Elektroindustrie spitzt sich nach Angaben der Gewerkschaft IG Metall zu: Nach dem Ende der Friedenspflicht am Dienstag, 0 Uhr, ruft die IG Metall die Beschäftigten aus mehreren Betrieben Mannheims und der Region zur Teilnahme an Warnstreiks auf. Der Aufruf richte sich an etwa 21 000 Beschäftigte in der Quadratestadt und der Region, hieß es in einer Mitteilung.
IG Metall: „Es kommen stürmische Herbsttage auf uns zu“
Mit befristeten Aktionen vor Betrieben oder in der Nähe der Betriebe möchte die IG Metall den Druck auf die Arbeitgeberseite erhöhen. Die dritte Tarifverhandlung im Bezirk Baden-Württemberg ist für den 31.Oktober geplant. „Es kommen stürmische Herbsttage auf uns zu“, kündigte Thomas Hahl, 1. Bevollmächtigter und Geschäftsführer der IG Metall Mannheim, an. Das bisherige Angebot von Südwestmetall sei deutlich zu spät mit dem Zeitpunkt, wann die erste Entgelterhöhung wirksam werden soll. „Es ist deutlich zu gering in der Höhe, darüber hinaus ist die Laufzeit viel zu lang! Das ist für uns absolut nicht akzeptabel“, wurde Hahl zitiert.
Die Belastungen für Beschäftigte seien größer geworden, ergänzte Hahl. Eine Durchschnittsfamilie zahle heute 33 Prozent mehr für Nahrungsmittel als vor drei Jahren. Deshalb seien die Forderungen nach sieben Prozent mehr Entgelt und einer besseren Ausbildungsvergütung mehr als gerecht.
Die Metall- und Elektroindustrie sei einst Spitze bei der Ausbildungsvergütung gewesen. Steigende Mieten seien ein Grund, warum für Auszubildende nicht viel Geld zum Leben übrig bliebe. Daher fordere die Gewerkschaft mit Nachdruck 170 Euro mehr für Auszubildende und Dual Studierende.
Noch sei es möglich, dass die Arbeitgeber in der dritten Tarifverhandlung am 31.Oktober ein besseres Angebot zur Lösung des Tarifkonfliktes vorzulegen. „Aber ich erwarte nicht, dass die Arbeitgeber sich in dieser Woche deutlich bewegen werden. Dazu braucht es wohl leider erst den massiven Druck der Metallerinnen und Metaller“, kommentierte Hahl, der selbst Mitglied der kleinen Verhandlungskommission der IG Metall Baden-Württemberg ist.
Schwarzmalerei im Bezug auf Standort Deutschland „unfair und verantwortungslos“
Laut Hahl sind die Dividendenzahlungen der Unternehmen im Zeitraum 2021 bis 2023 um mehr als 52 Prozent gestiegen. „Warum wurden die Rekordgewinne in Vergangenheit nicht für Investitionen für die Zukunft genutzt?“ Es ginge jetzt auch darum, Sicherheit für die Beschäftigten zu erzeugen. Die Belegschaften brauchten wichtige Entscheidungen für die Zukunft. „Ich kenne kein Land, in dem die Manager und Verbandsvertreter den Standort aktuell so schlecht reden wie in Deutschland“, sagte Hahl. Diese Schwarzmalerei sei nicht nur unfair, sie sei verantwortungslos, vor dem Hintergrund, was die Beschäftigten in der Branche jeden Tag leisten. Daher fordere die IG Metall Arbeitgeber auf, gemeinsam mit der Gewerkschaft Zukunftslösungen zu vereinbaren, anstatt „miese Stimmung zu verbreiten“.
Diese Unternehmen sollen bestreikt werden
Insgesamt etwa 21 000 Beschäftigte in der Branche im Zuständigkeitsbereich der IG Metall Mannheim sollen an verschiedenen Tagen in den nächsten zwei Wochen aufgerufen werden, die Arbeit zeitweise niederzulegen. Die Mannheimer IG Metall plane aktuell 14 Warnstreiks mit Kundgebungen durchzuführen.
Warnstreiks soll es unter anderem bei Daimler Truck/ Daimler Buses, John Deere, Caterpillar, ZF WABCO, ABB, Alstom, Pepperl+Fuchs, Walter Perske, GE Power, thyssenkrupp Materials oder Bopp & Reuther geben. Der Schwerpunkt der Streiks liege in Mannheim, aber auch Betriebe in Hockenheim oder Altlußheim sollen in den Fokus genommen werden.
IG Metall schließt weitere Eskalation nicht aus
„Wir können nicht alle Themen in Tarifverhandlungen lösen. Vor dem Hintergrund der derzeitigen strukturellen Krise und der industriellen Veränderungen sind Manager und Politik gefragt, damit wir eine Zukunftsoffensive gegen die Deindustrialisierung gemeinsam erarbeiten“ wurde Hahl weiter zitiert. Dazu seien wichtige Investitionen in vielen Bereichen notwendig. Deshalb dürfe die sogenannte Schuldenbremse kein Tabuthema sein. „Wer an der Schuldenbremse festhält, gefährdet den Industriestandort Deutschland!“, sagte Hahl abschließend – und schloss eine weitere Eskalation im Tarifkonflikt nicht aus. Das liege allerdings in den Händen von Südwestmetall und den Arbeitgebern. (dls)