Der Gemeinderat der Stadt Mannheim hat in einer Sondersitzung beschlossen, dass zwischen der Stadt und der ukrainischen Stadt Czernowitz eine Städtepartnerschaft begründet wird. Der Bürgermeister der Stadt Czernowitz, Roman Klichuk, war der Gemeinderatssitzung live zugeschaltet und berichtete über die Situation in seiner Stadt. Der Beschluss erfolgte im Anschluss an seinen Bericht.
Mit Czernowitz besteht den Angaben seit 2015 ein intensiver Kontakt. Mehrere Kooperationsprojekte wurden, u.a. im Auftrag der Bundesregierung, in Czernowitz realisiert. Die Begründung einer formellen Städtepartnerschaft erfolgt nicht zuletzt unter dem Eindruck des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine, der am 24. Februar 2022 begann.
„Die Städtepartnerschaft mit Czernowitz ist Ausdruck von Solidarität mit den Bürgerinnen und Bürgern von Czernowitz. Sie gründet auf der gemeinsamen Überzeugung, dass die Ukraine ein europäisches Land ist, dessen Bürgerinnen und Bürger das unverbrüchliche Recht besitzen, frei über die Zukunft ihres Landes entscheiden zu dürfen. Der Krieg gegen die Ukraine und seine Folgen werden das Land, seine Städte und deren Bürgerinnen und Bürger noch über viele Jahre herausfordern. Vordringliches Ziel beider Seiten wird es sein, aktuell den geflüchteten Menschen, die Aufnahme in Czernowitz wie in Mannheim gefunden haben, zu helfen“, erklärt Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz.
Die gegenseitige Unterstützung in Not- und Krisenzeiten sei ein wichtiger Bestandteil von Städtediplomatie. In der Städtepartnerschaftsvereinbarung erklärten beide Städte, dass sie solidarisch zueinanderstehen und sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten gleichermaßen durch politische Willensbekundungen, als auch durch humanitäre Hilfsmaßnahmen unterstützen.
Die Partner streben an, durch Kooperationsprojekte und den Austausch auf Ebene der Verwaltungen und der Zivilgesellschaft, die lokale Demokratie zu fördern und das lokale Selbstverwaltungsrecht zu stärken. Auch die gemeinsame Mitwirkung in internationalen Städtenetzwerken und Programmen und Initiativen der Europäischen Union können hierbei wirksame Unterstützung leisten.
Trilaterale Zusammenarbeit soll weitergeführt und intensiviert werden
Sowohl Mannheim als auch Czernowitz sind partnerschaftlich mit der Stadt Chişinău, Hauptstadt der Republik Moldau, verbunden. Die trilaterale Zusammenarbeit der drei Städte hat sich bewährt und soll daher fortgesetzt und intensiviert werden. Beide Seiten sind sich der Tatsache bewusst, dass die Republik Moldau als Nachbarland der Ukraine in besonderer Weise zum Zufluchtsort für Menschen geworden ist, die vor dem Krieg gegen die Ukraine fliehen mussten.
Die Vereinbarung tritt mit der Unterzeichnung in Kraft. Die Unterzeichnung kann allerdings aufgrund der derzeitigen Situation nicht vor Ort in Czernowitz erfolgen.
Mannheimer Partnerkommunen in Not
Zudem hat der Gemeinderat in der Sondersitzung hat der Gemeinderat die Verwaltung ermächtigt, Hilfsleistungen für die Städte Czernowitz (Ukraine), Chişinău (Moldau) und Bydgoszcz (Polen) in Höhe von insgesamt bis zu einer Million Euro zu tätigen.
Die Mannheimer Partnerstädte Bydgoszcz, Chişinău und Czernowitz sind in Folge des russischen Militärangriffs auf die Ukraine erheblichen humanitären Belastungen ausgesetzt. Czernowitz mit seinen 260.000 Einwohnern ist als ukrainische Stadt besonders schwer und unmittelbar vom Krieg betroffen.
Aber auch die Anrainerstaaten und die Städte der Anrainerstaaten sind stark durch den Zuzug von Flüchtenden betroffen, auch Chişinău und Bydgoszcz. Der enorme Zuzug von Flüchtenden stellt alle drei Städte vor extreme logistische und humanitäre Herausforderungen und bringt sie an ihre Leistungsgrenzen. Aus allen Städten wurden bereits konkrete Hilfegesuche an die Stadt Mannheim gerichtet.
So kommen zum Beispiel der Großteil der Flüchtlinge in Moldau in der Hauptstadt Chişinău an. Die hohen Flüchtlingszahlen bringen die Stadt aktuell an die Grenzen ihrer infrastrukturellen Leistungsfähigkeit. Mehr als 35 Flüchtlingsunterkünfte wurden bereits in der Stadt eingerichtet. Angesichts dieser enormen Herausforderungen schickte die Stadt Chişinău bereits gezielte Bedarfslisten für Hilfsmaterial an die Stadt Mannheim, um direkte Unterstützung in dieser Krisensituation anzufragen.
Auch Czernowitz ist ein wichtiger Zufluchtsort für Binnenflüchtlinge aus der gesamten Ukraine geworden. In der Stadt mit rund 260.000 Einwohnern sind inzwischen über 55.000 registrierte Geflüchtete aus allen Teilen der Ukraine angekommen, um Schutz vor den militärischen Angriffen zu suchen. Czernowitz musste damit binnen kürzester Zeit grundlegende Infrastrukturen aufbauen, um die Geflüchteten in ihrer Stadt aufzunehmen. Für die Bewältigung dieser enormen Herausforderungen erreichten die Stadt Mannheim bereits mehrere schriftliche Hilfsgesuche des Bürgermeisters Roman Klichuk.
Unterstützung durch die Stadt Mannheim
Die Stadt Mannheim sieht vielfältige Möglichkeiten, um den drei Partnerstädten und ihren Menschen in der derzeitigen Situation zu helfen. Mögliche Hilfsleistungen können Zahlungen an Hilfsorganisationen vor Ort oder an Organisationen in Deutschland, die dann direkt in den drei Städten helfen, Direktzahlungen an kommunale Unternehmen in den drei Städten, etwa kommunale Unternehmen der kritischen Infrastruktur oder Wohnungsbaugesellschaften, Unterstützung bei Beschaffungen vor Ort oder Hilfslieferungen, wie Material des zivilen Katastrophenschutzes, Nahrung, medizinisches Material, Notstromaggregate, usw. umfassen.
„Die Stadt Mannheim kann in dieser humanitären Krise gezielt ihre partnerschaftlichen Verbindungen nutzen, um neben der ideellen Solidarität mit ihren Partnerkommunen auch konkrete Unterstützung für die von Krieg und Flucht betroffenen Menschen zu leisten. Die vertrauensvollen Verbindungen und die direkten Kommunikationsstrukturen, die wir aufgebaut haben, machen es uns jetzt möglich, schnell und bedarfsgerechte Hilfe für die Partnerkommunen zu leisten. Ich danke dem Gemeinderat, dass er diese schnelle und unbürokratische Hilfeleistung mit der Ermächtigung der Verwaltung möglich gemacht hat“, erklärt Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz.“
Erster Bürgermeister und Kämmerer Christian Specht ergänzt: “Mit unserer auch finanziell hinterlegten Unterstützung wollen wir unseren polnischen und moldauischen Partnerstädten unmittelbar helfen. Die west-ukrainische Stadt Czernowitz wollen wir insbesondere bei der Bewältigung der Zuzüge der Geflüchteten und bei der Abdeckung der lebensnotwendigen Bedarfe unterstützen“ so Specht.