Mannheim. Intensive Läufe und anstrengende Krafteinheiten – Uwe Gensheimer kennt diese Quälerei. Er hat sie bei den Rhein-Neckar Löwen zigfach durchgemacht. Immer und immer wieder. Doch in diesem Sommer ist alles anders. Denn der 37-Jährige hat beim Handball-Bundesligisten den Platz in der Kabine gegen einen am Schreibtisch eingetauscht.
Anfang Juli vollzog der langjährige Kapitän der deutschen Nationalmannschaft den Seitenwechsel auch offiziell. Er ist kein Spieler mehr, sondern wird bei den Löwen zum Sportlichen Leiter aufgebaut.
Der Rollentausch erfolgte allerdings nicht abrupt, sondern der Übergang zur neuen Aufgabe verlief fließend. Schon seit vielen Monaten ist er in die Planungen der Mannheimer eingebunden. «Ich habe die eine oder andere E-Mail in Kopie bekommen, die ich sonst vermutlich nicht erhalten hätte», scherzt Gensheimer, der 2003 als Jugendlicher zu den Löwen wechselte und seinem selbst ernannten «Herzensverein» seitdem – abgesehen von einem dreijährigen Intermezzo bei Paris Saint-Germain – die Treue hält.
Bei den Löwen sind sie überzeugt davon, mit Gensheimer die richtige Entscheidung getroffen zu haben. «Uwes Expertise und sein Netzwerk werden uns sehr helfen», sagt der Aufsichtsratsvorsitzende Lars Lamadé. Und in der Tat wird der Club nach den Jahren des Niedergangs viele gute Ideen seines neuen Sportchefs benötigen, um in der Bundesliga wieder nach oben zu kommen. Nichts anderes ist das Ziel. Weshalb Gensheimer zwar eine neue Funktion ausübt, sich seine Rolle aber nicht geändert hat. Er ist beim Club aus seiner Heimatstadt schon wieder der Hoffnungsträger. Wie all die Jahre zuvor als Spieler.
Starke Figur
Die vergangene Spielzeit endete für die Löwen auf einem enttäuschenden zwölften Platz. Abgesehen vom Pokalsieg 2023 blieben die Mannheimer auch die Jahre davor hinter den eigenen Erwartungen zurück, weshalb Geschäftsführerin Jennifer Kettemann vor wenigen Wochen gehen musste. Gensheimer ist deshalb schon jetzt die starke Figur im Club. Doch er weiß um die Herausforderungen.
«Die Leistungsdichte in der Bundesliga ist viel höher als noch vor einigen Jahren. Das führt dazu, dass so viele Clubs um die internationalen Plätze spielen und wir nicht mehr zu den besten drei, vier Mannschaften gehören», sagt Gensheimer. Klar ist aber auch: Das soll sich wieder ändern. Es bleibe der «Anspruch, den Verein wieder dorthin zu bringen, wo er einmal stand», stellt der neue Sportchef klar.
Offene Kommunikation
Wie lange das dauern wird, vermag niemand zu prognostizieren. Auch Gensheimer nicht. Außer Frage steht jedoch: Um das Ziel zu erreichen, wird der 37-Jährige viele richtige und vielleicht auch schwierige Entscheidungen treffen müssen. Möglicherweise muss er irgendwann Profis, mit denen er vor wenigen Wochen noch in der Kabine saß, einmal sagen, dass der gemeinsame Weg endet.
Mit «Ehrlichkeit und Klarheit», also einer offenen Kommunikation, möchte der Mannheimer die Aufgabe angehen. Aus eigener Erfahrung weiß er schließlich am besten, wie Spieler gerne behandelt werden. (dpa/lsw)