Der Jubel ist groß, als Christian Specht gegen 19.00 Uhr den Ratssaal im Mannheimer Stadthaus betritt. Seine Anhänger applaudieren lang, einige skandieren laut «Christian, Christian, Christian». Der CDU-Politiker und derzeitige Erste Bürgermeister von Mannheim hat es in der Hand, in der Arbeiterstadt einen historischen Wechsel zu erreichen: Gewinnt er in drei Wochen auch die Stichwahl, wäre er der erste CDU-Oberbürgermeister der Stadt nach mehr als 50 Jahren unter SPD-Führung.
Den ersten Wahlgang der Oberbürgermeisterwahl in der zweitgrößten Stadt Baden-Württembergs entschied Specht klar für sich. Er kam nach Angaben der Stadt auf 45,6 Prozent der Wählerstimmen und verfehlte die absolute Mehrheit damit nur knapp. «Es ist fast schon eine Sensation, dass wir so weit vorne liegen», sagte Specht am Sonntagabend. Noch nie habe ein bürgerlicher Kandidat in Mannheim im ersten Wahlgang so weit in Führung gelegen. «Man hat gesehen: Die Leute wollen den Wechsel», sagte Specht, der als gemeinsamer Kandidat von CDU, FDP und Mannheimer Liste angetreten war.
Deutlich hinter Specht auf dem zweiten Platz landete der Fraktionschef der SPD im Gemeinderat, Thorsten Riehle. Der Geschäftsführer des Veranstaltungsorts Capitol erhielt 30,2 Prozent der Stimmen – und gab sich am Sonntag kämpferisch. Er habe das Ergebnis so erwartet. «Jetzt geht es darum, die 55 Prozent zu aktivieren, die Herrn Specht nicht gewählt haben», sagte Riehle. Er wolle das fortschrittliche Lager bündeln.
Dafür wird Riehle vor allem mit Grünen-Kandidat Raymond Fojkar und der Kandidatin der Linken, Isabell Belser, Gespräche führen müssen. Fojkar kam mit 13,8 Prozent auf den dritten Platz, Belser erhielt 5,0 Prozent der Stimmen. Ob Riehle im zweiten Wahlgang eine Chance gegen Specht haben wird, dürfte entscheidend davon abhängen, wie sich Fojkar und Belser in den kommenden Tagen entscheiden: Treten sie nochmals an oder ziehen sie sich zurück und unterstützen den SPD-Kandidaten?
Fojkar sagte, seine Partei werde das Ergebnis analysieren und dann Gespräche mit den anderen Kandidaten führen. «Wir werden in den Gesprächen schauen, wie es möglich ist, möglichst viel grüne Politik in Mannheim umzusetzen», sagte er. Er habe sich noch auf nichts festgelegt. «Alles ist möglich.»
Spannend wird auch die Frage, ob Riehle auch Bürgerinnen und Bürger für sich gewinnen kann, die im ersten Wahlgang gar nicht gewählt haben. Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben der Stadtverwaltung bei 32,2 Prozent. Es gaben also etwas mehr Menschen als bei der letzten Oberbürgermeisterwahl vor acht Jahren ihre Stimme ab – im Vergleich zu anderen Städten in Baden-Württemberg ist die Wahlbeteiligung in Mannheim aber dennoch sehr niedrig.
Rund 235 000 Wahlberechtigte waren am Sonntag aufgerufen, einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für den scheidenden Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) zu bestimmen. Acht Männer und Frauen hatten sich im ersten Wahlgang für das vakante Amt beworben. Bis Mittwochabend müssen sie nach Angaben der Stadtverwaltung erklären, ob sie auch im zweiten Wahlgang antreten werden. Bei der Neuwahl, die am 9. Juli stattfinden wird, reicht dann die relative Mehrheit: Es gewinnt also der Kandidat oder die Kandidatin mit den meisten Stimmen.
Die SPD will in den kommenden drei Wochen eine Aufholjagd starten. «Natürlich müssen wir den Wahlkampf jetzt zuspitzen», kündigte Thorsten Riehle an. Er sei zuversichtlich, dass das gelinge. «Die SPD war in Mannheim schon immer kampagnenfähig.» CDU-Kandidat Specht will an seinen bisherigen Themen festhalten. «Die Themen, auf die wir gesetzt haben, waren die Richtigen. Wir haben die besseren Argumente auf unserer Seite», sagte er. Und auch seine Tonlage werde sachlich bleiben. «Den Menschen geht es darum, wirklich Lösungen zu finden und keinen Streit aufzuführen.» (dpa)
Video: Erste Reaktionen der Kandidaten am Wahlabend