Di, 03.12.2024 , 10:12 Uhr

Maikammer: Höchster Berg im Pfälzerwald wächst - auf dem Papier

Erst der Mount Everest, jetzt in Rheinland-Pfalz: Wenn Experten nachmessen, geraten sicher geglaubte Werte ins Wanken. Das hat Folgen für Datenbanken und Landkarten.

Von Wolfgang Jung, dpa

Maikammer/Kalmit. Ohne sein Zutun ist der höchste Berg des Pfälzerwalds gewachsen – allerdings nur auf dem Papier. «Es gibt eine Differenz von einem Meter», sagt Matthias Cieslack vom Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz der Deutschen Presse-Agentur. Die Kalmit bei Maikammer sei tatsächlich 673,64 Meter hoch – und nicht, wie bisher angenommen, nur 672,6 Meter.

Der überraschende Zuwachs kam bei einer örtlichen Kontrolle der Messpunkte auf Initiative des Wetterforschers Christian Müller zustande. In der Vergangenheit war – wie sich herausstellte – nicht der tatsächlich höchste Geländepunkt gemessen worden.

Um die Unstimmigkeiten zu klären, maßen Cieslack und seine Kollegen Malte Retterath und Alexander Derksen unlängst nach. Siehe da: Der Gipfel steht in Wirklichkeit 673,64 Meter über Normalhöhennull. «Einen Berg sozusagen höher zu machen», sagt Cieslack schmunzelnd, «ist für einen Vermesser schon ein Highlight.» Oft komme das ja nicht vor.

Der Mount Everest «wuchs»…

«Die früheren Messungen waren mit recht einfachen Instrumenten durchgeführt worden und trotzdem erstaunlich präzise», erklärt der Experte. «Mit modernen Methoden wie der satellitengestützten Vermessung können die Messungen natürlich viel schneller und genauer durchgeführt werden.» Cieslack zufolge soll der Wert nun in Datenbanken und amtlichen Karten angepasst werden. Von der Vermessung hatte zuvor «Die Rheinpfalz» berichtet.

Dass Gipfelhöhen geändert werden müssen, ist tatsächlich selten – kommt aber vor: sogar beim höchsten Berg der Erde. Nach gemeinsamen Messungen und Berechnungen einigten sich China und Nepal, auf deren gemeinsamer Grenze der Mount Everest steht, 2020 auf eine neue Größe: 8848,86 Meter. Bis dahin gab es zwar eine gemeinhin akzeptierte Höhe von 8848 Metern, die von indischen Forschern aus den 1950ern stammt. Seither hatten mehrere Teams nachgemessen und waren auf unterschiedliche Resultate gekommen.

… der Erbeskopf «schrumpfte»

Auch der höchste Berg in Rheinland-Pfalz stand vor einigen Jahren im Zentrum von Spekulationen – wegen widersprüchlicher Angaben. Während der Erbeskopf in Lexika meist 818 Meter hoch ist, tauchen in Karten oft 816 Meter auf. Das Landesamt maß 2008 im Hunsrück nach – und kam auf 816,32 Meter. Die 818 Meter gingen auf einen Steinpfeiler von 1876 zurück, hieß es. Dieser ragte aus dem Boden und wurde mitgemessen. Seit er 1971 ersetzt wurde, schließt der neue Pfeiler in Bodenhöhe ab.

Die Definition der Meereshöhe sei übrigens nicht auf der ganzen Welt einheitlich, sagt Christian Gerlach von der Forschungsgruppe Erdmessung und Glaziologie der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München. Länder wählen verschiedene Gezeitenpegel, um den Höhennullpunkt festzulegen. Zudem verändert sich der Meeresspiegel – er steigt wegen des Klimawandels. Zurzeit arbeiten Wissenschaftler an einer Neudefinition eines globalen Höhensystems, sagt Gerlach.

Folgen für Kalmit-Bergrennen

Und wie geht der Pfälzer Klappverein mit der neuen Höhe der Kalmit um? Immerhin müssen die Teilnehmer des nicht ganz bierernst gemeinten Bergrennens Kalmit-Klapprad-Cup künftig einen Höhenmeter mehr radeln – jedenfalls theoretisch. «Wir hatten schon immer Zweifel», sagt Rennleiter Holger Gockel augenzwinkernd. «Viele Klappradler beschwerten sich in der Vergangenheit über die extremen Anstrengungen auf dem Weg zum Gipfel.»

Die Rennleitung begrüße ausdrücklich die Anstrengungen zur Neuvermessung von Wetterforscher Müller, der «Licht ins Dunkel» gebracht habe. «Durch die neue Höhenangabe», unterstreicht Gockel, «können die Klappradfahrer künftig ihre Trainingspläne genauer abstimmen und auf den Kalmit-Gipfel optimieren.»

Der Pfälzer Mundart-Comedian Christian «Chako» Habekost nimmt die neue Höhe hingegen locker. «Ob ein Meter mehr oder weniger», sagt der Künstler, «Fakt bleibt: Pälzer sin immer die Beschde un die Gröschde – solang die annere net do sin, weeschwie’schmään?!» (dpa)

 

Kalmit Maikammer Pfälzerwald

Das könnte Dich auch interessieren

13.12.2024 Speyer: Im Kampf gegen Tigermücke setzen Experten auf Bevölkerung Das Wetter war 2024 ideal für die Asiatische Tigermücke. Die Bekämpfung des aggressiven Insekts läuft auf Hochtouren. Nun wollen die Fachleute ihre Strategie erweitern. Speyer. Im Kampf gegen die Asiatische Tigermücke setzen die Experten am Oberrhein künftig stärker auf die Bevölkerung. «Auf lange Sicht wird die Beteiligung aller Anwohnerinnen und Anwohner unerlässlich», teilte die Kommunale 06.12.2024 Rhein-Neckar-Kreis: Wildschweinjagd und Feuerwerk wieder erlaubt – Kreis lockert die Regeln nach Ausbruch von Schweinepest Anfang August wurde im Norden Baden-Württembergs der erste Fall von Schweinepest seit mehr als zwei Jahren nachgewiesen. Nun lockert der Rhein-Neckar-Kreis die strengen Regeln. Was ist erlaubt? Heidelberg. Rund vier Monate nach dem Auftreten der Afrikanischen Schweinepest in Baden-Württemberg lockert der Rhein-Neckar-Kreis die strengen Regeln. Von diesem Freitag an dürfen fast im kompletten Kreisgebiet wieder 05.12.2024 Rhein-Pfalz-Kreis: Afrikanische Schweinepest - Sperrzone III aufgehoben und Änderungen bei Sperrzonen I und II Rhein-Pfalz-Kreis. Nach einem Fall der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Gerolsheim (Kreis Bad Dürkheim) im August hat es weder dort noch im Zuständigkeitsgebiet des Kreisveterinäramtes einen weiteren Fall der Erkrankung gegeben. Daher konnten die erweiterten Maßnahmen, die der Fall nach sich gezogen hatte, wieder zurückgefahren werden, hieß es in einer Mitteilung. Die Sperrzone III zur ASP-Bekämpfung 14.11.2024 Baden-Württemberg: Wald im Südwesten leicht erholt - aber keine Entwarnung Der Wald konnte zwar etwas verschnaufen, aber etlichen Bäumen in Baden-Württemberg geht es alles andere als gut. Details zum Zustand hat das Land nun wieder schwarz auf weiß im Waldzustandsbericht. Stuttgart.  Hitze, Schädlinge und Umweltschäden haben dem baden-württembergischen Wald zwar auch in diesem Jahr deutlich zugesetzt. Beim Blick auf den Zustand der Bäume zeigen sich