Die Hessen-CDU hat am Samstag ihren Landesvorsitzenden Boris Rhein einstimmig zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl gekürt. Der 51-jährige hessische Ministerpräsident erhielt auf einem Parteitag in Darmstadt alle 312 Delegiertenstimmen. In Hessen wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Für die SPD tritt Bundesinnenministerin Nancy Faeser als Spitzenkandidatin an, für die Grünen der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir.
Rhein stimmte die Delegierten in einer kämpferischen Rede und unter großem Beifall auf den Wahlkampf ein. «Wir müssen und wir werden kämpfen», sagte er. Bei seiner etwa einstündigen Rede sparte er nicht mit Spitzen gegen die politischen Kontrahenten. Hessen sei ein Gegenmodell zur «Streitampel» der Bundesregierung, die den Menschen Sicherheit und Vertrauen nehme, sagte er. Die politische Lage verunsichere die Menschen, die Ampel sei verantwortlich für die schlechte Stimmung im Land.
Die Politik der Hessen-CDU sei dagegen von dem Grundgedanken geprägt «nicht so viel zu versprechen, aber alles zu halten», erklärte der Spitzenkandidat. Die Bundesregierung verspreche dagegen allen alles, aber halte nichts. Die Christdemokraten verböten nicht, sie ermöglichten, sagte Rhein.
Bei der Bekämpfung von Krisen und dem Ausbau der Infrastruktur sei die Ampel im Schneckentempo unterwegs, kritisierte Rhein. Dagegen lege sie beim Umbau der Gesellschaft ein Rekordtempo vor – etwa bei der Diskussion um die Cannabis-Freigabe, dem Verbot von Schokoladenwerbung oder der Beschleunigung bei der Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft. Dies sei ein Tempo bei der Gesellschaftspolitik, das den sozialen Frieden gefährde, warnte Rhein. Solche Themen bräuchten Beteiligung und nicht die Brechstange.
Der Ministerpräsident sprach sich zudem dafür aus, die Zuwanderung zu steuern und zu begrenzen. Die deutsche Staatsbürgerschaft müsse ein hohes Gut bleiben und sie müsse am Ende einer gelungenen Integration stehen.
Er sei gerne auf Jahrmärkten unterwegs, betonte der Ministerpräsident mit Blick auf eine Bemerkung der SPD-Spitzenkandidatin Faeser. Er sei 365 Tage im Jahr in Hessen unterwegs – und das gerne. «Wir sind eben nicht nur in der Staatskanzlei, wir sind eben nicht nur im Landtag», sagte er. Faeser hatte Rhein auf einem Parteitag vor einer Woche in Hanau einen «Grüßaugust» genannt.
Die Hessen-CDU fordert in ihrem Wahlprogramm unter anderem deutliche Erleichterungen für die Jagd auf Wölfe. Zudem solle es ein eigenes hessisches Ministerium für Landwirtschaft geben, sagte Rhein.
Zu den CDU-Kernthemen im Wahlkampf zählen unter dem Motto «Hessen weiter führen» außerdem die Forderung nach einer kostenlosen Ausbildung zum Handwerksmeister sowie einem härteren Durchgreifen gegen Straftäter. Die Partei will außerdem Menschen beim Kauf des ersten selbst genutzten Eigenheims finanziell unterstützen. Nach den Worten von Rhein soll es 10 000 Euro «Hessengeld» pro Erwerber für die ersten eigenen vier Wände und zusätzlich 5000 Euro für jedes Kind geben.
«Die wichtigste Bank in Hessen bleibt die Schulbank», sagte Rhein und ergänzte, es habe noch nie zuvor so viele Lehrer in Hessen gegeben. Die CDU sei entschieden gegen flächendeckende Einheitsschulen. Bei der Sicherheit dürfe es «keinen Rabatt» geben, betonte er. Mit Blick auf weibliche Gewaltopfer forderte er «Fußfesseln für Frauenschläger».
Die schwarz-grüne Regierungskoalition arbeitet nach den Worten von Rhein sehr gut und solide zusammen. «Berlin ist Streit, Wiesbaden ist Stabilität», sagte er. Im Wahlkampf werde jedoch für ein maximales Ergebnis für die CDU gekämpft. «Die hessischen Grünen wollen einen Dreikampf führen, ja den sollen sie haben», sagte Rhein. Er warf den Grünen vor, mit Verboten etwa von Verbrennermotoren keine bürgerliche Politik zu machen. Wer die Mitte stärken wolle, der müsse das «Original wählen und das sind wir».
Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz schwor die hessischen Delegierten in einer Videobotschaft auf den anstehenden Wahlkampf ein. Er mahnte, einen Wahlsieg gebe es nicht geschenkt. Merz kritisierte, die Ampel-Bundesregierung sei im Dauerstreit, mache handwerkliche Fehler und habe mit Olaf Scholz (SPD) einen Bundeskanzler, der die Dinge zu lange laufen lasse. (dpa/lhe)