Heidelberg/Tübingen. Etliche Kommunen im Südwesten haben gute Erfahrungen mit der Abgabe von Binden und Tampons in öffentlichen Einrichtungen gemacht. «Die kostenlosen Menstruationsartikel werden verantwortungsvoll und bedarfsgerecht genutzt, das beobachten wir sowohl an den Schulen als auch in den öffentlichen Gebäuden und Toiletten», sagte eine Sprecherin der Stadt Tübingen. «Es ist uns kein Vandalismus und Missbrauch bekannt.» In der Universitätsstadt gibt es inzwischen 26 Binden- und Tamponspender in Schulen und öffentlichen Gebäuden, unter anderem im Rathaus und im Hölderlinturm. Der Service war den Tübingern bisher 10 000 Euro wert.
Schülerinnen und Auszubildende sind auch in Karlsruhe Zielgruppe. Die Fächerstadt hat vom Schuljahr 2022/23 an zunächst einem Gymnasium und allen Jugendhäusern ein Jahr lang Menstruationsprodukte gratis zur Verfügung gestellt. Ein Stadtsprecher sagte: «Es läuft gut.» Details sollten im November bekanntgegeben werden.
Auch die Stadt Freiburg setzt sich für die Interessen insbesondere junger Frauen ein. Seit dem vergangenen Sommer liegen kostenlose Menstruationsprodukte an einer Schule und einem Jugendtreff sowie im Innenstadtrathaus und in einer öffentlichen Toilette aus. Der Testlauf sei sehr positiv verlaufen, berichtete ein Rathaussprecher. Es habe keine nennenswerte Vandalismusschäden gegeben. Das Modell, für das 25 500 Euro veranschlagt gewesen seien, werde nach einem Jahr im Oktober evaluiert. Es spreche nichts dagegen, dass die Stadträte für eine Verlängerung stimmten, prognostizierte der Sprecher. Bislang seien 20 von mehr als 500 öffentlichen WC-Anlagen mit dem Angebot versehen.
In Heidelberg ist das Projekt «perioHDe» an vier Standorten – darunter eine Schule – sehr gut angenommen worden, wie die Kommune mitteilte. Im Anschluss an die Ende August auslaufende Pilotphase soll die Gratisabgabe von Menstruationsprodukten auf alle weiterführenden Schulen und auf öffentliche städtische Gebäude ausgedehnt werden. Eine umfangreiche Öffentlichkeitskampagne habe das Thema Menstruation sichtbar gemacht und zu dessen Enttabuisierung beigetragen, hieß es aus dem Rathaus.
Die Organisatoren der Angebote verweisen auf die hohen Kosten, die für Frauen im Laufe ihres Lebens infolge der Menstruation anfallen – Ausgaben, die Männer nicht haben. Laut der Stadt Heidelberg geben Frauen im Schnitt etwa 500 Euro im Jahr wegen ihrer Periode aus.
Im globalen Süden müssen sich viele Frauen mit Lumpen, Gras oder Blättern behelfen, weil sie keinen Zugang und/oder kein Geld für die Hygieneartikel haben. Infolgedessen sehen sich Mädchen nach Angaben des Kinderhilfswerks Plan Deutschland gezwungen, während der Periode zu Hause zu bleiben und Schulunterricht zu verpassen.
Durch die Corona-Pandemie hat sich das Problem der Versorgung mit Hygieneprodukten laut Plan Deutschland vielerorts noch verschärft: Lieferketten seien unterbrochen worden und die Preise für Binden und Tampons zum Teil so stark gestiegen, dass eine einzige Binde mancherorts so viel koste wie ein Laib Brot. Die Folge: «pad poverty» – armutsbedingter Verzicht auf Binden.
Die Stadt Heidelberg stellt auch in Deutschland sogenannte Perioden-Armut fest: Diese erschwere einkommensschwachen Frauen wegen der Kosten für Hygieneartikel eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen und öffentlichen Leben. Dagegen herrschen in Schottland hinsichtlich Menstruationsprodukten andere Zustände: Als nach eigenen Angaben erste nationale Regierung haben die Schotten den kostenlosen Zugang zu Tampons und Binden in allen Schulen und städtischen Einrichtungen gesetzlich verankert.
In Stuttgart hatte es Streit um die vom Gemeinderat beschlossenen Gratis-Tampons im Rathaus gegeben, speziell um Tamponspender für nicht binäre und Transgendermenschen auf Männertoiletten. Auf drei Stockwerken ist je eine Damen-, Herren- und eine Behindertentoilette mit Tamponspendern bestückt. «Sieben Bezirksratshäuser haben das gleiche Equipment bestellt», sagte ein Stadtsprecher.
Die Aktion hatte den Unmut von Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) erregt. Er erklärte öffentlich, den Gemeinderatsbeschluss nicht unterstützt zu haben. Es sei nicht Aufgabe der Stadtverwaltung, den Bürgern mit Steuergeldern kostenlose Menstruationsartikel zur Verfügung zu stellen. Später zeigte er sich gesprächsbereit. (dpa)