Heidelberg. Verschiedene Studierendengruppen kritisieren die Universitätsleitung für ihren Umgang mit antisemitischen und antiisraelischen Störaktionen im Rahmen der „Ruperto Carola Sommerparty 2024“ am 28. Juni 2024. Hintergrund war eine antisemitische Störaktion der antiisraelischen Aktivistengruppe „Students for Palestine Heidelberg“ bei dem Fest auf dem Innenhof-Gelände der Marstall-Mensa am vergangenen Freitag, hieß es in einer Mitteilung.
Nachdem Unirektorin Frauke Melchior die Party mit einer kurzen Ansprache eröffnete, habe sich eine kleinere Gruppe von Demonstranten vor der Bühne aufgebaut und Parolen wie „There is Only one Solution“, „Free Palestine“ oder „Stop the Genocide“ gerufen und Flugblätter in die Menge geworfen. Parallel dazu habe die Gruppe am Baugerüst des Nebengebäudes ein Banner mit dem Slogan „United Against Genocide“ aufgehängt, auf dem die gesamte Landfläche Israels dargestellt und nach Angaben der Studierendengruppen mit der palästinensischen Flagge übermalt war – das sei als Symbol für die Auslöschung Israels zu verstehen.
Die Universitätsleitung habe jedoch nicht interveniert, sondern Frauke Melchior habe sich vor aller Augen auf der Wiese der Marstall-Mensa ins Gespräch mit den Demonstranten begeben. Unter den Gesprächsteilnehmern mit der Rektorin sei auch der bekannte Israel-Kritiker Mahmud O. gewesen, dessen Vortrag an der Universität vor wenigen Wochen wegen verharmlosenden Aussagen und nach massiver Kritik von jüdischen Studierendenvertretern, Hochschulgruppen und Parteien abgesagt wurde.
Insbesondere jüdische Studierende vor Ort fühlten sich wegen des aggressiven Auftretens der Demonstranten nicht mehr sicher, weswegen im Publikum befindliche Personen die Polizei riefen. Obwohl die Polizei vor Ort in den Raum stellte, dass durch die unangemeldete Demonstration nach § 26 Nr. 2 Versammlungsgesetz Straftaten verwirklicht sein könnten, habe sich die Universitätsleitung gegen ein Einschreiten der Polizei gewehrt.
Zudem habe der Sicherheitsdienst der Universität verhindert, dass Personen aus dem Publikum das antisemitische Banner abnehmen konnten – dieses habe etwa eine halbe bis dreiviertel Stunde über dem Gelände des Marstall-Hofs gut sichtbar gehangen.
Die Hochschulgruppen Ring Christlich-Demokratischer Studenten Heidelberg (RCDS), die Liberale Hochschulgruppe Heidelberg (LHG), die Grüne Hochschulgruppe Heidelberg (GHG), die Studierendenvertretung der Hochschule für jüdische Studien sowie der Bund jüdischer Studierender Baden e.V. (BJSB) und das Junge Forum der Deutsch-Israelischen-Gesellschaft Heidelberg-Mannheim (JuFo DIG) haben eine gemeinsame Erklärung herausgegeben:
„Schon wieder antisemitische Vorfälle an unserer Universität: In den letzten Wochen fand beinahe ein Vortrag von Hamas-Sympathisanten statt und auf dem Gelände und den Toiletten der Universität fanden sich immer wieder antisemitische Schmierereien, die nicht entfernt wurden. Diesmal konnte eine Gruppe antiisraelischer Aktivisten ungestört vor Publikum ihre kruden Thesen verbreiten und die Universitätsleitung reagierte leider vollkommen unzureichend.
Die unangemeldete Störaktion war wahrscheinlich strafbar. Es schockiert, dass die Universitätsleitung sich gegen ein Einschreiten der Polizei wehrt, die mögliche Straftaten verfolgen möchte. Welches Bild soll das jüdischen Studierenden an unserer Universität vermitteln? Dass die Universitätsleitung Straftaten und antisemitische Vorfälle duldet?
Es erzeugt ein fatales Bild, wenn die Universitätsleitung antisemitische Störaktionen sogar noch belohnt, indem die Rektorin mit dem bekannten Hamas-Verharmloser Mahmud O. vor aller Augen das Gespräch sucht. Das erweckt den Eindruck, dass antisemitische Diskurse legitimiert würden – die Universitätsleitung muss dazu Stellung beziehen und ihre Motivation dahinter erklären. Antisemitische Narrative dürfen weder im Namen der Wissenschafts- noch der Meinungsfreiheit gesellschaftsfähig werden.“
Antisemitismus dürfe an der Universität nicht geduldet werden – die Universität müsse anfangen, konsequent zu reagieren und bei Vorfällen einzuschreiten. Die Studierendengruppen fordern die Universität daher auf, verschiedene Maßnahmen umzusetzen. Dabei handelt es sich um die Einführung eines Antisemitismus-Beauftragten, klare Stellungnahme der Leitung gegen Antisemitismus sowie den konsequenten Gebrauch vom Hausrecht der Universität.
Die Hochschulgruppen seien sich einig, dass die Universität Antisemitismus und Israelfeindlichkeit nicht dulden dürfe, sondern konsequent Stellung beziehen müsse. „Jüdische Studierende müssen sich an unserer Universität sicher fühlen können“, hieß es abschließend. (dls)