Ein 18-Jähriger soll den Amoklauf in Heidelberg verübt haben. Der mutmaßliche Täter habe zwei Langwaffen dabeigehabt, sagte Siegfried Kollmar, Polizeipräsident des Präsidiums Mannheim, bei einer Pressekonferenz am Montagabend in Mannheim. Kurz vor dem Amoklauf in Heidelberg soll der Schütze seine Tat angekündigt haben. Nach Angaben der Polizei schickte er unmittelbar zuvor eine Whatsapp-Nachricht an „eine Person“. Er habe geschrieben, „dass Leute jetzt bestraft werden müssen“, so Kollmar weiter. In der Nachricht habe er sich außerdem eine Seebestattung gewünscht. „Auch das werden wir noch verifizieren müssen, auch das werden wir noch nachvollziehen müssen“, betonte Kollmar. „Wir werden sein Umfeld jetzt durchleuchten in den nächsten Tagen, mit Hochdruck.“ Er hatte nach Angaben der Polizei noch mehr als 100 Schuss Munition dabei. Warum er mit dem Schießen aufgehört habe, wisse man noch nicht, sagte der Polizeipräsident. Das sei spekulativ, es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass eine bestimmte Person getroffen werden sollte. Der 18-Jährige hätte noch nachladen können. Weil bei der Leiche des jungen Mannes ein Rucksack mit unbekanntem Inhalt gewesen sei, habe die Polizei lange nicht zu dem Toten gekonnt. Es hätte sich um Sprengstoff handeln können, erklärte Kollmar. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg habe daher auch Entschärfer geschickt, die den Rucksack untersuchten. Die Tatwaffe soll eine Schrotflinte gewesen sein. Kollmar berichtete zudem von sieben Notrufen innerhalb von 43 Sekunden, die bei der Polizei eingegangen seien. Die Beamten seien schnell von einer Amoktat ausgegangen. Mehr als 400 Beamte seien im Einsatz gewesen.
MOTIV NOCH UNKLAR
Die Ermittler wollen alle seine Aufenthaltsorte und Gesprächspartner der vergangenen Tage überprüfen. Zu einem möglichen Motiv gibt es noch keine Angaben. Dafür sei es noch zu früh, sagte Andreas Herrgen, Leiter der Staatsanwaltschaft Heidelberg. Es gebe noch keine belastbaren Informationen dazu. Nach bisherigen Erkenntnissen war der mutmaßliche Täter nicht vorbestraft, wie Herrgen sagte. Weder der Mann noch nahe Angehörige hätten Waffen besitzen dürfen. Ermittelt werde nun auch, ob Dritte strafrechtlich zur Mitverantwortung gezogen werden müssen. Nach ersten Erkenntnissen soll der Täter in einem Hörsaal der Universität Heidelberg mit einem Gewehr um sich geschossen und dabei vier Menschen verletzt haben. Eine junge Frau starb wenige Stunden nach dem Amoklauf an ihren Verletzungen. Der Täter soll sich selbst erschossen haben. Der Amokläufer von Heidelberg soll die Waffen nicht im Internet sondern vor einigen Tagen persönlich im Ausland gekauft haben. Es gebe Kaufbelege, heißt es. Zu klären sei nun, wer jemandem ohne Waffenschein eine Waffe verkaufe. Um den Verkäufer nicht vorzuwarnen, nannten die Ermittler das Land, in dem die Waffen gekauft wurden, nicht. Der 18 Jahre alte Amokläufer sei bisher nicht polizeilich erfasst. Er habe auch keinen Führerschein gehabt. „Das ist schon sehr außergewöhnlich, diese Sachlage“, sagte der Polizeipräsident. Er habe in Mannheim gewohnt.
OBERBÜRGERMEISTER WÜRZNER SCHOCKIERT / UNI PLANT TRAUERFEIER
Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner hat den Opfern und Angehörigen sein Mitgefühl ausgesprochen. „Wir waren nicht nur fassungslos, wir könnten es eigentlich gar nicht glauben, dass so etwas bei uns in Heidelberg passiert“, sagte der parteilose Politiker bei der PK in Mannheim. Würzner zeigte sich erleichtert, dass der Tatverdächtige schnell identifiziert werden konnte. Die Heidelberger Universität bereitet unterdessen eine Trauerfeier vor. Genaue Pläne dazu konnte Rektor Bernhard Eitel noch nicht nennen. Die Hochschule überlege zudem, wie die Tat intern aufgearbeitet werden kann. Sie solle auf jeden Fall thematisiert werden. Beeindruckt zeigte sich Eitel sowohl von der schnellen Reaktion innerhalb der Universität als auch davon, wie rasch die Polizei nach Eingang des Alarms an der Einrichtung war. Das sei sehr gut gelaufen. Den ganzen Tag erreichten ihn Bekundungen von Wissenschaftlern aus ganz Europa, die das Geschehen in Heidelberg verfolgten und Hilfe anböten. Gefühlt handle es sich auch um einen Angriff auf die Offenheit der Hochschulen und die akademische Tradition, so Eitel. (dpa/mj) Fotos: Priebe