Frankfurt/Gorxheimertal. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat gegen einen 61-jährigen deutschen Staatsangehörigen aus dem Kreis Bergstraße Anklage wegen des Verdachts der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung erhoben. Der Mann wurde im Oktober 2023 im südhessischen Gorxheimertal festgenommen, er soll der Gruppe „Vereinte Patrioten“ angehört haben – und sich auch an der Planung einer Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach beteiligt haben. Damals wurden elektronische Speichermedien, eine Armbrust, eine Luftdruckwaffe und Dokumente bei dem Mann sichergestellt.
Ermittlungen ergaben nun, dass sich der Angeschuldigte ab Dezember 2021 als Mitglied an einer Vereinigung beteiligt habe, die das Ziel hatte, die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen und durch ein letztlich autoritär geprägtes Regierungssystem nach dem Vorbild der Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 zu ersetzen.
Im Zusammenhang mit den Tatvorwürfen müssen sich seit Mai 2023 bereits fünf mutmaßliche Rädelsführer und Mitglieder der Vereinigung vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Koblenz verantworten.
Planung von Lauterbach-Entführung und „Schulterschluss“ mit Russland
Bei dem nunmehr zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main angeklagten Angeschuldigten soll es sich um ein weiteres Mitglied der Vereinigung handeln. Ihm wird vorgeworfen, an Treffen der Vereinigung teilgenommen und an der Konkretisierung der Tatpläne maßgeblich mitgearbeitet zu haben. Dabei soll sich der Angeschuldigte unter anderem dazu bereit erklärt haben, an der geplanten Entführung des Bundesministers für Gesundheit Karl Lauterbach, mitzuwirken.
Einem der mutmaßlichen Rädelsführer der Gruppierung soll der Angeschuldigte im April 2022 außerdem zugesagt haben, seine Garage im Kreis Bergstraße als Zwischenlager für Waffen nutzen zu können. Dabei handelte es sich um zwei Sturmgewehre des Typs AK 47 und vier Kurzwaffen des Herstellers Glock, Modell 19, sowie Munition, die bei dem Umsturzversuch zum Einsatz kommen sollten.
Zu der Einlagerung der Waffen sei es nicht gekommen, da der mutmaßliche Rädelsführer der Gruppierung unmittelbar nach der Übergabe der Waffen festgenommen worden war.
Schließlich habe sich der Angeschuldigte bereit erklärt, nach dem beabsichtigten Umsturz als Teil einer Delegation mit einem Schiff über die Ostsee in russische Küstengewässer zu fahren, um mit staatlichen russischen Stellen – so die Vorstellung der Gruppierung – über einen „Schulterschluss“ zu verhandeln sowie militärische Ausrüstung zu beschaffen. Der Angeschuldigte befindet sich seit seiner Festnahme am 10. Oktober 2023 in Untersuchungshaft.
Gruppe wollte bundesweiten Stromausfall herbeiführen
Die Gruppierung soll einen mehrstufigen Plan verfolgt haben. Unter anderem sollte durch gezielte Sprengstoffanschläge auf neuralgische Punkte der Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland ein mehrere Wochen andauernder, bundesweiter Stromausfall herbeigeführt werden, um die Bevölkerung von der Berichterstattung des Rundfunks und der Presse abzuschneiden und zugleich eine Reaktion der staatlichen Sicherheitsbehörden auf den Umsturzversuch zu erschweren.
Ferner soll die Vereinigung geplant haben, den Bundesminister für Gesundheit Karl Lauterbach unter Anwendung von Waffengewalt zu entführen. Dabei sollen die Mitglieder der Vereinigung die Tötung der eingesetzten Personenschutzbeamten zumindest billigend in Kauf genommen haben. Die öffentlichkeitswirksame Entführung eines hohen Repräsentanten der amtierenden Bundesregierung sollte nach den Vorstellungen der Vereinigung die Entschlossenheit und Leistungsfähigkeit der Gruppierung verdeutlichen. Hiervon sollen sich die Tatbeteiligten die Unterstützung von Teilen der bestehenden staatlichen Sicherheitskräfte, insbesondere der Polizei und des Militärs, und die Anerkennung der neu gebildeten Regierung im In- und Ausland erhofft haben.
(pol/dls)