Von Wolfgang Jung, dpa
Ein Jahr nach dem Rücktritt der politischen Führung von Freisbach aus Protest gegen die Landesfinanzpolitik ächzt die südpfälzische Gemeinde weiter unter wirtschaftlichen Zwängen. „Wir haben nach wie vor keinen finanziellen Spielraum“, sagte der neue Bürgermeister Jochen Ricklefs (parteilos) der Deutschen Presse-Agentur. „Wir versuchen aber, das Beste daraus zu machen.“ Immerhin habe der Ort seit Mai einen genehmigten Haushalt. „Aber von einem ausgeglichenen Budget sind wir noch immer meilenweit entfernt.“
Symbolisch für Probleme kleinerer Kommunen
Freisbach steht für viele symbolisch für die Finanzprobleme kleinerer Kommunen in Rheinland-Pfalz. Der Gemeinderat und der damalige Bürgermeister Peter Gauweiler (parteilos) hatten im August 2023 ihren Rücktritt erklärt. Sie hatten kritisiert, dass die Gemeinde mit etwa 1200 Einwohnern aufgrund des Landesfinanzausgleichsgesetzes nicht genügend Finanzmittel für ihre Pflichtaufgaben und wegen einer neuen Ausrichtung der Kommunalaufsicht auch keine Haushaltsgenehmigung erhalte. Der Schritt hatte überregional Beachtung gefunden. Bei der Neuwahl im November 2023 hatte sich Ricklefs durchgesetzt. „Die Kultur- und Sporthalle muss saniert werden, erste Kostenschätzungen gehen in die Millionen“, sagte der Bürgermeister. „Ein neuer Kindergarten würde weitere fünf bis sieben Millionen verschlingen. Zudem wollen wir den alten Dorfkern lebendig halten, barrierefreien Wohnraum schaffen, auch die Kindertagesstätte kostet mehr, als wir zur Verfügung haben.“ Er hoffe, dass die mangelhafte Finanzierung der Kommunen zum Thema der für 2026 in Rheinland-Pfalz geplanten Landtagswahl werde.
„Freisbach hat eine Zukunft verdient!“
„Erwartungsgemäß hat das Land die Finanzausstattung der kleinen Kommunen wie Freisbach nicht angepasst“, sagte Ricklefs. „Der Finanzausgleich gilt unverändert.“ Aktuell strebe man unter anderem eine Anerkennung als Schwerpunktgemeinde an. „Dies würde über mehrere Jahre eine bevorzugte Behandlung bei Fördermitteln bedeuten“, so Ricklefs. „Wir sind gespannt, wie sich Kreisverwaltung, Aufsichtsbehörde ADD und das Land verhalten. Werden uns alle Förderungen versagt, werden wir den Systemfehler lautstark publik machen. Wir wollen uns nicht abhängen lassen. Freisbach hat eine Zukunft verdient!“
Das „gallische Dorf“ ist wieder normal
Auch der vor einem Jahr zurückgetretene Bürgermeister Gauweiler zeigte sich skeptisch. „Unsere Rücktritte hatten damals bundesweit einen Hype ausgelöst, das hätte fortgesetzt werden müssen. Der hierdurch entstehende politische Druck hätte vielleicht etwas bewirkt. So aber konnte das Land das Problem aussitzen“, meinte der Politiker. Das „gallische Dorf Freisbach“, meinte er in Anspielung auf den unbeugsamen Ort in Asterix-Comics, sei wieder eine normale Ortsgemeinde in Rheinland-Pfalz – „mit den alten Problemen“. Im Nachhinein würde er es aber wieder so machen, betonte Gauweiler. „Ich würde danach aber wieder zur Wahl antreten und den Protest erneut steuern.“ Er könne verstehen, dass sein Nachfolger und die neuen Ratsmitglieder nicht gleich wieder aus Protest gegen mangelnde Veränderungen zurückgetreten seien. „Sie behalten das Mandat – in der Hoffnung, dass sich etwas ändert. Es ist aber schwer, beim Versuch, den Stein im Rollen zu halten, nicht zu resignieren.“
Ministerium „bereit zur Unterstützung“
Das Landesinnenministerium teilte auf Anfrage mit, Freisbach sei im Frühjahr 2024 eingeräumt worden, für 2024 noch eine Förderung für die Dorfmoderation und die Fortschreibung des Dorferneuerungskonzepts zu beantragen – „ausnahmsweise, trotz verstrichener Antragsfrist“. Diese Entscheidung unterstreiche die Bereitschaft, die Entwicklung der Gemeinde aktiv zu unterstützen. Freisbach sei zudem im Programm Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz – das Volumen betrage für die Gemeinde rund 1,14 Millionen Euro. „Die finanzielle Ausstattung der Kommunen wurde in den vergangenen zehn Jahren massiv erhöht“, betonte ein Sprecher. Seit 2013 seien die Mittel im kommunalen Finanzausgleich um 1,8 Milliarden Euro gestiegen, von 2,0 Milliarden 2013 auf 3,8 Milliarden 2023. Die Einnahmen des Landes hätten sich im gleichen Zeitraum um 52,7 Prozent erhöht. Das zeige, so der Sprecher, „dass das Land deutlich mehr zusätzliche Mittel an die Kommunen weitergibt, als es selbst über Mehreinnahmen verfügt“. (dpa/mj)
Von Wolfgang Jung, dpa