Di, 26.11.2024 , 09:01 Uhr

Berlin: Justizsenatorin will Cannabis-Gesetz aufheben – Urteil aus Mannheim sorgt bundesweit für Diskussion

Das neue Cannabis-Gesetz ist erneut Thema bei einem Treffen der Justizressorts der Länder. Berlins Senatorin hält es für einen Irrweg mit schwerwiegenden Folgen für die Praxis. Ein Urteil aus Mannheim sorgt bundesweit für Diskussion.

Berlin. Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg sieht knapp acht Monate nach der weitgehenden Legalisierung von Cannabis deutliche Rückschritte für die Bekämpfung des Schwarzmarkts und der Organisierten Kriminalität. «Was von der Bundesregierung als Meilenstein der Drogenpolitik angepriesen wurde, hat sich in der Praxis als schwerwiegender Fehler erwiesen, der unserem Land langfristig Schaden zufügt», sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. Das Gesetz sei ein Irrweg. «Es muss aufgehoben werden.»

Bei der Justizministerkonferenz der Länder an diesem Donnerstag (28. November) sollen die Erfahrungen mit dem seit 1. April geltenden Gesetz thematisiert werden. Gemeinsam mit Baden-Württemberg hat Berlin einen Beschlussvorschlag eingebracht. Darin heißt es, dass das Gesetz vor allem «bei Verfahren des gewerbsmäßigen Handels mit Cannabisprodukten oder des Handels mit Cannabisprodukten in nicht geringer Menge zu einem Rückschritt in der Bekämpfung des Schwarzmarkts und der Organisierten Kriminalität geführt hat».

Überwachungsmaßnahmen nicht wie bislang möglich

Hintergrund ist demnach, dass nach der Gesetzesänderung Telefonüberwachung, die Onlinedurchsuchung oder die akustische Wohnraumüberwachung nicht mehr im gewohnten Umfang einsetzbar sind. In bereits laufenden Strafverfahren können aufgrund der Neuregelung nicht mehr alle Beweismittel genutzt werden.

«Mafiöse Strukturen profitieren davon, dass der Markt für Cannabisprodukte rentabler ist als je zuvor und nicht durch legale Produktion gedeckt werden kann», so Justizsenatorin Badenberg.

Landgericht Mannheim: Freispruch trotz Schmuggels im großen Stil 

Bei einem Prozess wegen Marihuana-Schmuggels im großen Stil in Baden-Württemberg hat die Neuregelung dazu geführt, dass der Angeklagte freigesprochen wurde. Denn der Mann war durch die Auswertung von Chats des Krypto-Messengerdienst Encrochat ins Visier der Ermittler gelangt. Nach Auffassung des Landgerichts Mannheim konnten diese Erkenntnisse im vorliegenden Fall aber nicht genutzt werden – weil Cannabis aufgrund des neuen Gesetzes nicht mehr als Betäubungsmittel gilt.

Das Urteil aus Mannheim ist noch nicht rechtskräftig, sorgt aber bundesweit in der Justiz für Diskussion. Bei der Entscheidung handele es sich keinesfalls um einen Einzelfall, heißt es in der Beschlussvorlage. Auch Gerichte in Berlin, Freiburg oder Stuttgart seien zu ähnlichen Urteilen gekommen.

Wegen Amnestieregelung rund 5.730 Verfahren überprüft

Die Berliner Staatsanwaltschaft sieht dadurch weitere Probleme auf sich zukommen. Denkbar seien zum Beispiel Entschädigungsforderungen für erlittene Untersuchungshaft, hieß es bereits im Sommer von einem Behördensprecher.

Die Behörde hat nach eigenen Angaben aufgrund der Amnestieregelung für Altfälle in dem Cannabis-Gesetz rund 5.730 Verfahren (Stand Ende Oktober) überprüft. In knapp 160 Fällen wurde die bisherige Strafe demnach aufgehoben. In einem Fall musste ein Mensch aus der Haft entlassen werden. In fast 60 Verfahren wurden die Strafen neu bestimmt. Über weitere entsprechende Anträge müssten die Gerichte noch entscheiden, hieß es. (dpa)

berlin Cannabis Justiz Landgericht Mannheim

Das könnte Dich auch interessieren

02.05.2024 Rheinland-Pfalz: 38 Haftstrafen wegen Cannabisgesetz verkürzt - 13 Gefangene entlassen Dass die Cannabis-Teillegalisierung Staatsanwaltschaften Arbeit macht, war klar. Nun liegen neue Zahlen zu verkürzten Strafen, zu überprüfenden Strafakten und zu entlassenen Gefangenen vor. Mainz. Nach der Teillegalisierung von Cannabis sind in Rheinland-Pfalz mittlerweile 13 Gefangene wegen eines Straferlasses oder einer verkürzten Gesamtstrafe aus dem Justizvollzug entlassen worden. Verkürzt worden seien Freiheitsstrafen bisher in insgesamt 38 24.10.2024 Mosbach/Mannheim: Internationale Erdbeben-Übung in Nordbaden startet Was im Falle eines Erdbebens zu tun ist, wird ab Donnerstag im Südwesten geprobt. Fast 1.000 Kräfte aus mehreren Ländern reisen an. Es geht um die Bergung und Rettung von Verletzten – aber nicht nur. Mosbach. In Nordbaden startet heute die internationale Erdbeben-Übung «Magnitude». Zusammen mit Hilfskräften aus Österreich, Griechenland, der Schweiz und Frankreich simuliert 24.06.2024 Rheinland-Pfalz: Cannabis-Kontrollen - Verband sieht hohe Kosten auf Kommunen zukommen In engen Grenzen ist der Konsum von Cannabis seit April erlaubt. Dass alle Regeln eingehalten werden, soll auf kommunaler Ebene kontrolliert werden. Das stößt auf Kritik. Mainz. Der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz sieht im Zusammenhang mit Kontrollen des Cannabis-Konsums nennenswerte Kosten auf die mit der Aufgabe betrauten Kommunen zukommen. Rückmeldungen von Mitgliedern hätten gezeigt, dass 23.06.2024 Heidelberg: Aktion vor Wohnhaus von Jürgen B. Harder – Investor soll maßgeblich an Abschiebezentrum beteiligt sein Heidelberg. Am Sonntagnachmittag sollen laut einer Mitteilung der Gruppe „Akut Plus c“ Aktivisten vor dem Wohnhaus von Jürgen B. Harder in Heidelberg-Neuenheim eine Aktion durchgeführt haben. Grund dafür sei die maßgebliche Beteiligung von Harder an einem geplanten Abschiebezentrum am Flughafen BER in Berlin-Schönefeld. Die Aktivisten versammelten sich laut Mitteilung vom Sonntagabend vor seinem Haus, zündeten