Di, 23.07.2024 , 13:35 Uhr

Baden-Württemberg: Zulassung abgelehnt – Elterninitiative womöglich vor dem Aus für G9-Volksbegehren?

In der Debatte um das neunjährige Gymnasium machen einige Eltern Druck. Ein Volksbegehren soll es nach dem Willen des Innenministeriums nicht geben. Doch das endgültige Aus bedeutet das noch nicht.

Stuttgart. Eine Elterninitiative für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium steht mit ihrem Vorhaben eines Volksbegehrens für eine G9-Möglichkeit für alle Klassen womöglich vor dem Aus. Das Innenministerium in Stuttgart hat eine Zulassung am Montag abgelehnt, weil die Durchführung des geplanten Volksbegehrens nicht verfassungskonform sei. Zudem sei der Antrag unzulässig, weil ihn nicht die dazu berechtigen Vertrauensleute des vorangegangenen Volksantrags gestellt hätten, hieß es.

Zwar haben die Antragsteller laut der Mitteilung die Möglichkeit, gegen die Entscheidung des Ministeriums innerhalb von zwei Wochen den Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg anzurufen. Die Frage der Legitimation dürfte es ihnen aber schwer machen. Vertreter des Volksbegehrens «G9 jetzt! BW» kündigten eine Reaktion im Laufe des Abends an.

G9 ist im Moment nur Modellprojekt

Eine Elterninitiative kämpft für eine G9-Möglichkeit für alle Klassen. Mit dem Volksbegehren wollen die Eltern erreichen, dass alle Schülerinnen und Schüler am Gymnasium ab dem Schuljahr 2025/2026 die Möglichkeit bekommen, das Abitur in neun Schuljahren zu absolvieren.

Derzeit ist in Baden-Württemberg das achtjährige Gymnasium Standard. G9 gibt es nur als Modellprojekt an 44 staatlichen Schulen und an einigen Privatschulen.

Die grün-schwarze Koalition hatte sich im April auf Vorschläge für grundlegende Reformen geeinigt. Unter anderem soll G9 demnach zum Schuljahr 2025/2026 eingeführt werden – jedoch zunächst nur für die Klassen fünf und sechs. Die Gymnasien sollen zudem die Option erhalten, G8-Züge anzubieten – allerdings ohne dafür zusätzliche Mittel zu bekommen.

Das Volksbegehren setzt auf einem Volksantrag auf, der mehr als 100.000 Stimmen bekommen hat. Dadurch seien die notwendigen 10.000 Unterschriften für die Beantragung des Volksbegehrens gesammelt, hatte das Organisationsteam bei der Übergabe der Unterlagen für das Volksbegehren erklärt. Den Volksantrag hatte der Landtag im April abgelehnt. Dessen Initiatorinnen sind nicht mehr Teil des Teams um das Volksbegehren. Genau hierin sieht das Innenministerium einen Verstoß gegen das Volksabstimmungsgesetz.

Kosten nicht explizit berücksichtigt 

Ferner hält es die Durchführung des Volksbegehrens unter anderem deshalb für verfassungswidrig, weil der zugrunde liegende Gesetzentwurf im Fall einer Zustimmung bei einer Volksabstimmung erhebliche Kosten verursachen und das Haushaltsgleichgewicht sowie die Budgethoheit des Parlaments wesentlich beeinflussen würde. Für die Umsetzung wäre demzufolge allein von Personalkosten in Höhe von rund 375 Millionen Euro jährlich auszugehen. Nach der Landesverfassung dürften aber infolge einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts keine Volksbegehren und Volksabstimmungen über das Staatshaushaltsgesetz stattfinden, erläuterte das Ministerium hierzu.

Zudem hätten in der Gesetzesbegründung die Kosten konkret als Geldbetrag genannt werden müssen. «Stattdessen wurde ausschließlich eine Darstellung des Aufwands in Deputaten vorgenommen», hieß es. Diese genüge den Anforderungen an die sogenannte Bestimmtheit der Gesetzesbegründung bei Volksbegehren nicht, die der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg in einer früheren Entscheidung gestellt habe.

Elterninitiative will weiterkämpfen

Man wolle weiter die Stimme erheben, teilte die Elterninitiative am Abend mit. Die Ablehnung der Zulassung des Volksbegehrens eröffne die Möglichkeit, weitere Themen aufzunehmen. «Dies war mit der bestehenden Gesetzesvorlage nicht möglich», hieß es in einer Mitteilung. Zum einen müsse es möglich sein, das Volksbegehren im Sinne der Initiatorinnen weiterzuführen, «wenn man das basisdemokratische Element des Volksantrags bzw. des Volksbegehrens ernst nimmt». Zum anderen habe das Innenministerium bei den Kosten durch Hinweise des Kultusministeriums das jeweils ungünstigste Szenario berechnet. Weitere rechtliche Schritte müssten sorgfältig geprüft werden, hieß es weiter.

Für ein Volksbegehren müssten die Eltern rund 770.000 Unterschriften sammeln. (dpa/lsw)

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