Stuttgart. Einen Tag vor dem Auftaktmatch der Fußball-Europameisterschaft warnen die Sicherheitsbehörden in deutlichen Worten vor der wachsenden Gefahr durch Extremisten und vor allem durch islamistische Strömungen. «Wir schätzen derzeit die Gefahr eines islamistisch motivierten Anschlags als ein abstraktes, aber als ein reales Bedrohungsszenario ein», sagte die Präsidentin des Landesamtes für Verfassungsschutz, Beate Bube, am Donnerstag bei der Vorlage des neuen Verfassungsschutzberichts vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium in Stuttgart. «Der Nährboden für die salafistische Szene im Land und auch im Internet wächst», warnte sie. Der Islamismus habe nichts an Relevanz verloren, sondern er sei derzeit wieder eine der großen Gefahren.
Dschihadistisch motivierte Einzelakteure und Kleinstgruppen griffen zu einfachsten Mitteln, sagte Bube. Das habe der tödliche Messerangriff eines mutmaßlichen Islamisten auf einen Polizisten in Mannheim ebenso vor Augen geführt wie die Anschlagsplanungen von Jugendlichen aus Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Die aktuellen Entwicklungen unter anderem in Israel und dem Gazastreifen dienten als moralische Rechtfertigung für zum Teil schwerste Straftaten. Der Verfassungsschutz schätzt die Zahl der Islamisten in Baden-Württemberg auf 4163 für das vergangene Jahr. Im Vorjahr waren es laut Bube 4070.
Nach Einschätzung von Landesinnenminister Thomas Strobl ist die Gefahr durch Extremisten höher als je zuvor. «Eine multiple Bedrohungslage, wie wir sie derzeit haben, hatten wir noch nie», sagte der CDU-Politiker am Donnerstag vor dem Gremium, das den Verfassungsschutz in Baden-Württemberg kontrollieren soll. Gerade das Jahr 2023 habe gezeigt, dass die Demokratie massiv unter Druck stehe. «Die Bedrohungen, mit denen wir es zu tun haben, sind komplex und unterschiedlich vielfältig», sagte Strobl weiter. Sogenannte Reichsbürger gehörten ebenso dazu wie rechts- und linksextremistische Strömungen bis hin zu religiösem Fanatismus und Spionageaktivitäten ausländischer Staaten.
Extremisten nutzten vor allem die sozialen Medien, um ihre Ideologien zu verbreiten. «Diese digitale Radikalisierung führt zu einer Verbreitung von Hass und Gewalt, die nicht nur einzelne Bürgerinnen und Bürger bedrohen, sondern auch den sozialen Frieden in unserer Gesellschaft», warnte Strobl. (dpa)