Mo, 15.04.2024 , 12:28 Uhr

Baden-Württemberg: Trotz Kritik und Zweifeln – Fragen und Antworten zum „Blitzermarathon“ gegen Temposünder

Mehr als 150 Menschen sind im vergangenen Jahr ums Leben gekommen, weil sie oder andere zu schnell unterwegs waren. Jahr für Jahr soll ein «Blitzermarathon» sensibilisieren. Bringt das was?

Von Martin Oversohl, dpa

Stuttgart. Alle Jahre wieder steht der «Blitzmarathon» im Frühjahr an – auch 2024. Dabei sind Hunderte von Polizisten und Polizistinnen unterwegs, um Temposünder auf frischer Tat zu erwischen. Ob sich die einzelnen Bundesländer daran beteiligen, entscheiden sie selbst. Worum geht es genau?

Was ist der «Blitzermarathon»?

Der «Blitzermarathon» ist eine Polizei-Aktion, bei der der bewegte Straßenverkehr in weiten Teilen Deutschlands und auch in Baden-Württemberg strenger überwacht wird. Temposünder werden geblitzt und erhalten einen Bußgeldbescheid. Die Aktion dauert meist einen ganzen Tag. Die Bußgelder für Verstöße fließen in den Gesamthaushalt der Kommune ein.

Wann und wo findet der Blitzermarathon statt?

Geblitzt wird bundesweit vor allem am kommenden Freitag (19.04.). Baden-Württemberg hat die Aktion in eine europaweit abgestimmte Geschwindigkeitskontrollwoche (15. bis 21. 4.) eingebaut, in der vermehrt das Tempo auf den Straßen gemessen wird.

Was soll das bringen?

Mit dem Blitzermarathon soll laut Innenministerium die Unfallursache Nr. 1 bekämpft werden: Geschwindigkeitsüberschreitungen. «Wir wollen eine Verhaltensänderung bei denen bewirken, die Tempolimits für unverbindliche Angebote halten», hatte Innenminister Thomas Strobl (CDU) zur Aktionswoche im vergangenen Jahr erklärt. Es gehe nicht nur um Fälle von massiver Raserei. «Bereits wenige Stundenkilometer zu schnell können über Leben und Tod entscheiden», warnte das Innenministerium. Der Einfluss von Kontrolldruck und Sanktionshöhe auf eine Verhaltensänderung sei wissenschaftlich erwiesen.

Gibt es daran Zweifel?

Ja, die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält den Blitzermarathon zum Beispiel für wenig geeignet, die Zahl der Raser-Unfälle zu verringern. «Eine zeitlich begrenzte Geschwindigkeitsmessung führe zwangsläufig nicht zu nachhaltigen Veränderungen im Fahrverhalten. Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch eine schon etwas ältere Studie der Universität Passau. Demnach wirken Blitzmarathons zwar, allerdings nicht besonders lange.

Keine Verkehrstoten mehr. Klappt das?

Das Land hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 einen «Straßenverkehr ohne Getötete und Schwerverletzte» zu erreichen. Schaut man nur auf die Zahlen, wird das ein langer Weg: 845 Mal kracht es am Tag im Südwesten, 35 Mal in der Stunde. Und Unfälle passieren laut Statistik vor allem, weil Autofahrende zu schnell unterwegs sind. 152 Menschen kamen deshalb im vergangenen Jahr auf den Straßen ums Leben, teilte das Innenministerium mit. 35 Menschen starben, weil Alkohol oder Drogen im Spiel waren.

Wie viele Verstöße wurden im vergangenen Jahr geahndet?

Rund 13 000 Geschwindigkeitsverstöße hat die Polizei in Baden-Württemberg bei ihren Kontrollen im Zuge eines «Blitzermarathons» im vergangenen April registriert. 250 Temposünder mussten ihren Führerschein abgeben, rund 360 000 Fahrzeuge wurden nach Angaben des Innenministeriums kontrolliert. Mehr als 1100 Polizistinnen und Polizisten waren demnach im Einsatz.

Wo wird kontrolliert?

Geblitzt wird besonders an Schulen, Kitas, Altenheimen und Orten, die für Unfälle berüchtigt sind. Wo genau die mobilen Messstellen stehen, wird in Baden-Württemberg im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht verraten. «Aufgrund des generalpräventiven Charakters der Maßnahme geben wir im Vorfeld keine Messpunkte bekannt», heißt es. Autofahrende sollten sich flächendeckend und nicht nur punktuell an die geltenden Tempolimits halten. Die Polizei setzt unter anderem mobile Lasergeräte der Motorradstaffel und Lichtschranken ein.

Wird in allen Ländern verstärkt kontrolliert?

Nein, auch in diesem Jahr nehmen nicht alle Bundesländer am Blitzermarathon oder an der Speed-Week teil. Voraussichtlich werden Berlin, Niedersachsen, Saarland und Sachsen nicht dabei sein. Als Gründe werden Kapazitätsengpässe oder Zweifel an der Sinnhaftigkeit genannt. Andere, wie zum Beispiel Bayern, dürfen etwa eine Woche vor der Aktion die genauen Messstellen bekanntgeben. (dpa)

baden-württemberg Blitzermarathon Fragen und Antworten polizei

Das könnte Dich auch interessieren

04.12.2024 Düsseldorf: Razzia gegen irakisch-kurdisches Schleusernetzwerk auch im Südwesten Ohne Rücksicht auf Menschenleben soll ein irakisch-kurdisches Netzwerk Flüchtlinge in unzulänglichen Schlauchbooten über den Ärmelkanal geschleust haben. Jetzt ist die Polizei ihnen auf der Spur. Sankt Augustin/Düsseldorf. In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg läuft seit den frühen Morgenstunden ein internationaler Polizeieinsatz gegen ein irakisch-kurdisches Schleusernetzwerk. Die gesuchten Tatverdächtigen sollen Migranten aus dem Mittleren Osten und Ostafrika «in 04.12.2024 Baden-Württemberg: Strobl will einheitliche Linie - Polizei soll Nationalität von Straftätern künftig aktiv nennen Wenn die Polizei über Straftaten informiert, wird in einigen Ländern die Nationalität von Verdächtigen immer genannt, in anderen nur selten. Innenminister Thomas Strobl (CDU) will das ändern. Stuttgart. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl will erreichen, dass die Polizei bundesweit einheitlich bei Straftaten von sich aus auch über die Nationalität der Tatverdächtigen informiert. «Bund und Land sollten 20.11.2024 Baden-Württemberg: Auf diesen Weihnachtsmärkten sind Taschenkontrollen möglich – Cannabis auch in Heidelberg im Blick In wenigen Tagen öffnen die ersten Weihnachtsmärkte in Baden-Württemberg. In puncto Sicherheit haben die Ordnungsdienste besonders Messer und Cannabis im Blick. Worauf sich Besucher einstellen müssen. Stuttgart. Auf einigen Weihnachtsmärkten in Baden-Württemberg müssen sich die Besucherinnen und Besucher in diesem Jahr auf kritische Blicke in ihre Taschen oder Rucksäcke einstellen. So wollen Städte und Polizei 18.11.2024 Baden-Württemberg: Kabel, Schleifer, Gerüste - Schaden durch Baustellendiebe im Südwesten Auf Baustellen wird geklaut, was nicht niet- und nagelfest ist. Diebe lassen vor allem nachts teures Werkzeug mitgehen und verkaufen es weiter. Das größte Problem für Bauherren? Nicht die Beute. Stuttgart. Auf ihren meist nächtlichen Beutezügen lassen sie alles mitgehen, was nicht niet- und nagelfest ist. Auf den Baustellen in Baden-Württemberg wird Stahl gestohlen, Winkelschleifer