Stuttgart. Im neuen Jahr tut sich im Südwesten so einiges. Besonders viele Neuerungen gibt es an den Schulen im Land, aber auch Verbraucher und Pendler erwarten Veränderungen. Ein Überblick über die wichtigsten Themen:
Grundschulempfehlung wird verbindlicher
Für Eltern und Schülerinnen und Schüler ändert sich im kommenden Jahr einiges. Dann sollen die von Grün-Schwarz geplanten Bildungsreformen in Kraft treten – vorausgesetzt, der Landtag stimmt den Änderungen zu. Als Erstes greift die Neuregelung der Grundschulempfehlung. Seit 2013 konnten allein die Eltern entscheiden, auf welche weiterführende Schule ihr Kind nach dem Ende der Grundschulzeit gehen soll.
Für die derzeitigen Viertklässler wird die Grundschulempfehlung nach dem Willen der Landesregierung wieder verbindlicher. An Stelle des reinen Elternwillens steht künftig ein Modell aus drei Komponenten: Lehrerempfehlung, Kompetenztest und Elternwunsch. Stimmen zwei aus drei überein, soll das den Ausschlag geben. Wollen die Eltern ihr Kind dennoch aufs Gymnasium schicken, soll das Kind künftig einen weiteren Test absolvieren. Verbindlich ist die Empfehlung allerdings nur für das Gymnasium.
Land will zum neunjährigen Gymnasium zurück
Die zweite große Änderungen an den Schulen im Land greift dann zum Beginn des neuen Schuljahres Anfang September: Dann soll nach dem Willen der Landesregierung wieder das Abitur nach neun Schuljahren zum Standard werden, zunächst beginnend mit den Klassen fünf und sechs. Derzeit ist das achtjährige Gymnasium Standard.
Das neunjährige Gymnasium soll neben der Verlängerung um ein Jahr auch zeitgemäß ausgestaltet werden. Das Konzept der Kultusministerin sieht etwa eine Stärkung der naturwissenschaftlichen Fächer vor. Kompetenzen im Bereich Informatik, Künstliche Intelligenz und Medienbildung sollen Schüler künftig in einem eigenen Schulfach erlernen, das von Klasse 5 bis Klasse 11 durchgehend unterrichtet werden soll.
Zudem soll das neue neunjährige Gymnasium mehr berufliche Orientierung, mehr Demokratiebildung und auch einen stärkeren Fokus auf die Basiskompetenzen bekommen. Konkret sollen etwa in der fünften und sechsten Klasse die Fächer Deutsch und Mathematik gestärkt werden.
Grundsteuer wird neu berechnet
Am 1. Januar wird die fällige Grundsteuer für Grundbesitzer, Häuslebauer und auch Mieter bundesweit nach einem neuen Konzept berechnet. Bisher hatten die Finanzämter die Grundsteuer auf Grundlage sehr alter Daten berechnet. In Westdeutschland waren diese aus 1964, in Ostdeutschland sogar aus 1935. Das Bundesverfassungsgericht hatte in einer Entscheidung 2018 die alte Regelung gekippt, da die bisherige Bemessungsgrundlage verfassungswidrig ist.
In Baden-Württemberg gilt künftig das sogenannte modifizierte Bodenwertmodell. Für Grundstücksbesitzer ändert sich vor allem eines: Künftig wird nach Angaben des Steuerzahlerbundes nicht mehr danach unterschieden, ob und wie ein Grundstück bebaut ist. Das werde in den Gemeinden zu großen Belastungsverschiebungen führen, so der Steuerzahlerbund. Laut Finanzministerium werden etwa baureife, aber unbebaute Grundstücke künftig teurer werden. Effizient bebaute Grundstücke, etwa mit Mehrfamilienhäusern, dürften dagegen günstiger werden.
Notfallpraxen schließen Schritt für Schritt
In Teilen des Landes müssen die Menschen ab April längere Wege zur nächsten Notfallpraxis in Kauf nehmen. Ab dann soll die Zahl der Notfallpraxen Schritt für Schritt reduziert werden, 18 Standorte sollen schließen. Künftig soll laut Kassenärztlicher Vereinigung Baden-Württemberg gelten, dass 95 Prozent der Patienten innerhalb von 30 Fahrminuten eine Notfallpraxis erreichen sollen, alle anderen innerhalb von maximal 45 Minuten.
Als Ersatz für die wegfallenden Standorte sollen die bleibenden Praxen gestärkt werden. Dort sollen etwa, wenn der Bedarf da ist, mehr Ärztinnen und Ärzte gleichzeitig Dienst haben. Damit könne ein höheres Patientenaufkommen bewältigt werden und zugleich werde auch die Qualität verbessert. Es gebe etwa viele Ärztinnen und Ärzte, die wegen ihrer Fachrichtung mit bestimmten Erkrankungen wenig zu tun hätten. «Wenn zusätzlich ein erfahrener Kollege oder eine erfahrene Kollegin vor Ort ist, erleichtert dies den Dienst und verbessert die Versorgung», sagte Doris Reinhardt, die stellvertretende KV-Chefin.
Landesagentur für Fachkräfte startet
Die neue Landesagentur für die Zuwanderung von Fachkräften geht Anfang des Jahres an den Start. Die Agentur ist bei den Regierungspräsidien Karlsruhe und Stuttgart angesiedelt. In der Landeshauptstadt werden dann die Verfahren für Gesundheits- und Pflegeberufe bearbeitet und in Karlsruhe alle anderen. Die neue Behörde soll nicht ausschließlich, sondern neben den schon bisher zuständigen Ausländerbehörden für die Durchführung des beschleunigten Fachkräfteverfahrens zuständig sein.
Migrationsministerin Marion Gentges (CDU) hatte die Agentur vor eineinhalb Jahren angestoßen. Die neue Landesagentur für die Zuwanderung von Fachkräften soll dabei als Katalysator fungieren und dazu beitragen, dass Unternehmen ausländische Fachkräfte schneller und unkomplizierter ins Land holen könnten, so der Plan. «In einer Zeit, in der die Ausländerbehörden stark beansprucht sind, stellt die Agentur eine spezialisierte Anlaufstelle dar, die das beschleunigte Fachkräfteverfahren effizient umsetzt.» Bis 2035 werden laut IHK-Fachkräftemonitor vom vergangenen April in Baden-Württemberg 910.000 Fachkräfte fehlen.
Strom, Wasser, Gas: Das tut sich bei den Preisen
Private Gaskunden der EnBW müssen 2025 nicht tiefer in die Tasche greifen, wenn sie im Winter heizen. Die Gaspreise des drittgrößten deutschen Versorgers bleiben dank gesunkener Beschaffungskosten zum Jahreswechsel stabil, teilte die EnBW mit.
Beim Wärmestrom – also für Kundinnen und Kunden mit Elektroheizungen oder Wärmepumpen – sollen die Preise sogar leicht um bis zu 3,5 Prozent sinken. Für einen Musterhaushalt mit zwei bis drei Personen bedeute dies eine Entlastung von bis zu 60 Euro im Jahr. Die genauen Werte seien von der Art der Anlage und der Messmethode abhängig.
Etwas teurer dürfte dagegen das Trinkwasser in Baden-Württemberg werden. Die Bodensee-Wasserversorgung, die rund vier Millionen Menschen im Südwesten mit Trinkwasser versorgt, erhöht die Umlage pro Kubikmeter Wasser (1.000 Liter) um knapp 2 Cent von 88 auf 89,9 Cent. Bei der Landeswasserversorgung steigt die Umlage ebenfalls um zwei Cent von 81 auf 83 Cent.
Für einen Durchschnittshaushalt mit vier Personen würde die Erhöhung Mehrkosten von knapp vier Euro pro Jahr bedeuten. Allerdings machen die Preise der Wasserversorger nur ein Teil des Trinkwasserpreises aus, den Verbraucher am Ende bezahlen müssen. Im Schnitt kosteten 1.000 Liter 2024 im Südwesten 2,59 Euro.
Mehr Bahnverbindungen nach Frankreich
Im deutsch-französischen Grenzgebiet können sich Pendler und Reisende vom Sommer an auf bessere Bahnverbindungen einstellen. Es wurden dazu neue «Regiolis»-Züge angeschafft, die dann über die Grenze rollen sollen. Der «Regiolis» wird auf der deutschen Seite Bahnhöfe in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und im Saarland ansteuern. Bessere Verbindungen soll es unter anderem zwischen Straßburg und Offenburg sowie zwischen Mülhausen im Elsass und dem südbadischen Müllheim geben.
Eigentlich sollte es schneller gehen, doch es gab Probleme bei den Genehmigungsverfahren. In Deutschland war nach Angaben des Landesverkehrsministeriums das Bremssystem nicht konform. Hierzulande stand die Zulassung deshalb zunächst noch aus – sie wird nun bis zum Sommer angestrebt.
Schweiz will Shoppingtourismus nach Deutschland eindämmen
Viele Menschen aus der Schweiz fahren über die Grenze in den Süden Deutschlands, um preiswerter einzukaufen. Um den Shoppingtourismus einzudämmen, handelt die Schweiz nun und halbiert den Wert von Einkäufen, die steuerfrei ins Land kommen dürfen.
Vom 1. Januar an dürfen nur noch Waren im Wert von 150 Franken (rund 160 Euro) steuerfrei mitgebracht werden – bisher lag die Freigrenze bei 300 Franken. Bei einem höheren Wert muss in der Schweiz Mehrwertsteuer gezahlt werden. Der Regelsatz liegt aber dort deutlich niedriger als in Deutschland: 8,1 statt 19 Prozent. (dpa/lsw)