Mi, 02.02.2022 , 19:03 Uhr

Baden-Württemberg: Nach Kritik - Kretschmann stellt Lockerungen bis Ostern in Aussicht

Nach Protest aus Wirtschaft, Opposition und auch vom eigenen Koalitionspartner hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann seine harte Linie in der Corona-Politik wieder etwas aufgeweicht. Der Grünen-Politiker stellte nun ausdrücklich Lockerungen bis Ostern in Aussicht, sollte sich die Corona-Lage verbessern. «Die Landesregierung hat einen klaren Fahrplan für die nächsten Wochen. Lockerungen sind in der Stufenlogik des Landes längst vorgesehen und greifen wie derzeit in der Alarmstufe 1 auch bereits», teilte Kretschmann am Mittwoch in einer schriftlichen Erklärung mit.

Noch nicht verantwortbar sei ein «Exit», also ein Ausstieg aus den Corona-Beschränkungen im Sinne des «Endes der Pandemie». Für eine Rückkehr in einen Normalzustand ohne Regeln sei die Impflücke im Vergleich zu anderen Ländern, die schon weitere Schritte gehen, hier deutlich zu groß. «So bleibt etwa die FFP2-Maskenpflicht ein sehr wirksames und wichtiges Mittel in dieser Phase der Pandemie.» Er fasste seine Position so zusammen: «Es geht in der Phase bis Ostern um verantwortliche Öffnungsschritte entlang der Infektionslage. Lockerungen ja, Exit nein.»

Am Dienstag hatte der Grünen-Regierungschef noch ein eher düsteres Bild der Lage gezeichnet. Das Land sei immer noch in einer dramatischen Situation, deshalb seien erstmal keine Lockerungen geplant. Kretschmann sprach sich dagegen aus, vor Ostern über ein Ende der Corona-Beschränkungen überhaupt zu reden. «Wir brechen keine Debatte über Exitstrategien vom Zaun – das wäre völlig unangemessen und das völlig falsche Signal.»

Auch beim Koalitionspartner CDU regte sich Widerstand gegen die harte Linie Kretschmanns. Der wirtschaftspolitische Sprecher Winfried Mack forderte eine baldige Abkehr von den Corona-Verordnungen. Mack sagte der «Stuttgarter Zeitung», «stark eingreifende Vorschriften haben ihre Berechtigung verloren, weil sie nicht mehr verhältnismäßig sind». Das sähen auch die Gerichte so. «Unter diesem Aspekt können wir weitgehend auf die Corona-Verordnungen verzichten, sobald wir den Peak der Omikron-Welle überstanden haben und die Verordnungen nicht mehr zur Abwehr der kollektiven Gefahr erforderlich sind.» Der Höhepunkt der Omikron-Welle wird von Experten für Mitte Februar erwartet.

Schon am Dienstag hatte CDU-Fraktionschef Manuel Hagel gesagt: «Wenn sich die pandemische Lage aufhellt, werden wir nach Aschermittwoch auch über Lockerungen und den sukzessiven Ausstieg aus der Verordnungspraxis sprechen können.» Auch die Südwest-Wirtschaft hatte Kretschmanns Haltung kritisiert. Mack wandte sich in der «Stuttgarter Zeitung» auch gegen eine Impfpflicht, für die sich Kretschmann einsetzt. Man müsse auf die Eigenverantwortung der Menschen setzen, sagte der CDU-Politiker.

Die FDP begrüßte Macks Aussagen. «Es ist außerordentlich erfreulich, dass es bei den CDU-Wirtschaftspolitikern noch vernünftige Leute gibt», sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke am Mittwoch. «In der Tat müssen alle Maßnahmen überdacht werden, sobald in der Omikron-Welle die Inzidenzen wieder sinken, sofern keine Überlastung des Gesundheitswesens absehbar ist.» Rülke fügte hinzu: «Herr Mack liegt auch bei der Impfpflicht richtig, diese ist weder derzeit sinnvoll, noch umsetzbar.»

Währenddessen treibt Omikron die Infektionszahlen in die Höhe. Die Sieben-Tage-Inzidenz nahm am Mittwoch (Stand: 16.00 Uhr) um 69,9 auf nun 1284,5 zu, wie das Landesgesundheitsamt in Stuttgart mitteilte. Auch der Anteil der Covid-19-Patienten auf den Normalstationen der Kliniken im Südwesten stieg weiter an. Die Hospitalisierungsinzidenz nahm um 0,6 auf 6,0 zu. Der Wert gibt an, wie viele Infizierte innerhalb einer Woche und pro 100 000 Einwohner in ein Krankenhaus aufgenommen werden.

Damit ist einer der beiden Grenzwerte für die Alarmstufe II im Südwesten erreicht. Um diese Stufe mit härteren Einschränkungen aber auszurufen, müsste auch die Zahl der Covid-Erkankten auf den Intensivstationen im Land auf 450 steigen. Doch das ist bislang nicht in Sicht: Die Zahl der Covid-Intensivpatienten ging um 3 auf 268 zurück. In der Woche zuvor waren noch 278 Menschen mit einer Covid-19-Erkrankung in intensivmedizinischer Behandlung.

Corona Kretschmann

Das könnte Dich auch interessieren

18.04.2024 Baden-Württemberg: Haushaltspolitik in der Pandemie war laut Gutachten teils rechtswidrig Die Ampelregierung hatte ordentlich Ärger wegen der rechtswidrigen Verwendung von Corona-Krediten. Nun bestätigt ein Gutachten: Auch mit der Schuldenpolitik im Südwesten war nicht alles in Ordnung. Stuttgart. Die Haushaltspraxis des Landes in der Corona-Zeit war einem neuen Gutachten zufolge in Teilen nicht zulässig. Das teilte das Finanzministerium am Donnerstag mit. Nach dem Ärger um die 04.08.2024 Baden-Württemberg: Kretschmann will Sondervermögen für Wasserstoff und Bahn Wie sollen die enormen Investitionen in eine zukunftsfähige Infrastruktur finanziert werden? Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident hat dafür eine Idee. Stuttgart. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann fordert Sondervermögen für dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur. «Wir brauchen die Möglichkeit, ein Sondervermögen über Kredite aufzubauen, das nur für ganz bestimmte Investitionszwecke überhaupt verwendet werden darf», sagte der Grünen-Politiker der 14.12.2023 Luxemburg: Fall aus Rheinland-Pfalz - Laut EuGH kein Recht auf mehr Urlaubstage wegen Corona-Quarantäne Luxemburg/Rheinland-Pfalz. Wer seinen Urlaub in Corona-Quarantäne verbringen musste, hat keinen Anspruch darauf, die freien Tage nachholen zu dürfen. Eine Quarantäne sei nicht vergleichbar mit einer Krankheit, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg. Hintergrund ist ein Fall aus Deutschland. Ein Beschäftigter einer Sparkasse in Rheinland-Pfalz wollte im Dezember 2020 Urlaub nehmen. Einen Tag 13.12.2024 Heidelberg: Erste Maßnahmen zur Finanzierung beschlossen - ÖPNV wird eingeschränkt Der Heidelberger Gemeinderat hat eine Reduzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs beschlossen. Ziel ist es, die finanziellen Herausforderungen der Stadt zu bewältigen, gleichzeitig aber eine nachhaltige und gesicherte Mobilität zu gewährleisten. So werden etwa schnellstmöglich die Wege der Linien 28 und 37 verkürzt, die Linien 28 und 39A zur neuen Linie 28 zusammengelegt oder die beliebte eTarif-App