Stuttgart. Baden-Württemberg forciert den Marktzugang für regionale Streuobstprodukte. Deswegen wurde nun auch Streuobst in das Qualitätszeichen (QZ) Baden-Württemberg aufgenommen. Das schreibt Agrarminister Peter Hauk (CDU) als Antwort auf eine Landtagsanfrage der Grünen-Fraktion.
Das Ministerium sowie die MBW Marketinggesellschaft informierten derzeit interessierte Bewirtschafter von Streuobstwiesen, Initiativen, Unternehmen und Verbände über den neuen Produktbereich. «Eine flankierende Werbe- und Informationskampagne wird derzeit konzipiert. Der Kick-off ist für den Fruchtsaftsaisonstart 2024 anvisiert», erklärte Hauk.
Voraussetzung sei, dass das Streuobst aus definierten Streuobstbeständen stamme, kein gentechnisch verändertes Pflanzgut eingesetzt werde, auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel ab dem 5. Standjahr und auf Herbizide verzichtet werde. Außerdem sei mineralische Stickstoffdüngung ausgeschlossen. Die Erzeugung von Streuobst müsse in Baden-Württemberg erfolgen. Bei der Sortenwahl zur Neu- oder für Nachpflanzungen sollten überwiegend alte und regionale Sorten zur Sicherung eines breiten Genpools verwendet werden. Der Einsatz neuer, robuster Züchtungen sei aber auch zulässig.
Das Land hat mit dem Qualitätszeichen Baden-Württemberg eine Marke aufgebaut, die regionale Erzeugnisse auszeichnet. Erzeuger und Zeichennutzer können das Gemeinschaftsmarketing nutzen. Streuobstwiesen seien in Baden-Württemberg ein prägender Teil der Kulturlandschaft, Lebensraum zahlreicher Tier- und Pflanzenarten und Grundlage für das Angebot vieler regionaler Produkte. Das Land setzt sich daher für deren Schutz ein und möchte die Verwertung und Bedeutung von Streuobst und Streuobstprodukten unterstützen. Ziel: Marktzugang und Absatzsteigerung.
Der Streuobstanbau ist seit März 2021 von der deutschen Unesco-Kommission als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Als Hotspot der Biodiversität stehen die Streuobstwiesen im Land seit 2020 unter einem Erhaltungsgebot. Ab einer Größe von 1500 Quadratmetern darf ein Streuobstbestand mit einer Genehmigung umgewandelt werden. Jedoch nur, wenn die Gründe für die Umwandlung so wichtig sind, dass der Erhalt dahinter zurückstehen muss. In diesen Fällen muss ein Ausgleich erfolgen – vorrangig durch die Anlage eines neuen Streuobstbestandes.
Nach der Roten Liste der Biotoptypen Baden-Württembergs mit naturschutzfachlicher Beurteilung sind die Streuobstbestände des Landes in den vergangenen 50 Jahren stark zurückgegangen und als gefährdet eingestuft. Laut dem Agrarministerium gingen die Baumzahlen seit 1965 um rund 60 Prozent zurück. Nach Angaben der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg bieten Streuobstwiesen zahllosen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum. Hauptsächlich sind es mangelnde Pflege, der Siedlungs- und der Straßenbau, die den Streuobstwiesen zusetzen.
Schätzungen nach weist Baden-Württemberg die größten zusammenhängenden Streuobstbestände Europas mit 7,1 Millionen Streuobstbäumen auf etwa 89 000 Hektar Wiesenfläche auf. Die Bewirtschaftung der großen Bäume ist aufwendig, das Obst hochwertig. «Wenn den Verbraucherinnen und Verbrauchern das bewusst ist und sie bereit sind, dafür Geld auszugeben, können sich Streuobstprodukte auf dem Markt behaupten», meint das Agrarministerium. (dpa)