Stuttgart. Die Gewaltkriminalität im öffentlichen Raum in Baden-Württemberg ist zuletzt enorm gewachsen. Die Zahl der Delikte in dem Bereich stieg im vergangenen Jahr um 12,3 Prozent auf 10 101 Fälle, wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Innenministerium erfuhr. Demnach handelt es sich um ein Zehnjahreshoch. Deutlich mehr als jede Stunde kommt es im Südwesten damit zu einem Fall. Gewaltkriminalität umfasst viele schwere Straftaten wie gefährliche Körperverletzung, Raub, Vergewaltigung, Totschlag und Mord. Bei fast drei von vier Taten handelte es sich um gefährliche Körperverletzung.
Auch bundesweit ist die Kriminalität auf dem Vormarsch. Die Zahl registrierter Straftaten stieg 2023 der «Welt am Sonntag» zufolge in Deutschland um 5,5 Prozent auf fast sechs Millionen. So viele Fälle hatte es zuletzt im Jahr 2016 gegeben. Bei der Gewaltkriminalität gab es demnach bundesweit so viele Fälle wie seit 15 Jahren nicht mehr. Die Kriminalität hatte 2022 nach Jahren des Rückgangs bundesweit wieder zugenommen. Damals war jedoch ein Teil des Anstiegs auf den Wegfall der Corona-Maßnahmen zurückzuführen. Durch die staatlichen Beschränkungen hatte es 2020 und 2021 weniger Tatgelegenheiten gegeben – etwa weil Geschäfte geschlossen waren und sich weniger Menschen begegneten.
Die Gewaltkriminalität mache nur einen kleinen Teil der Kriminalität im öffentlichen Raum aus, teilt das baden-württembergische Innenministerium mit. «Jedoch handelt es sich hier um schwerere Straftaten mit Opfern, die Menschen stärker und nachhaltiger wahrnehmen. Aus diesem Grund legt die Polizei ein besonderes Augenmerk auf die Verhinderung, Verfolgung und Aufklärung derartiger Straftaten.» Die Aufklärungsquote liege bei knapp über 70 Prozent. Gewaltkriminalität ist der Statistik zufolge ein klar ein männliches Phänomen: Neun von zehn Tatverdächtigen und vier von fünf Opfern sind Männer. In mehr als 60 Prozent der Fälle hat das Opfer keine Beziehung zum Täter. Jeder zweite Verdächtige ist deutsch. Im öffentlichen Nahverkehr im Südwesten stieg die Zahl der Delikte im Bereich der Gewaltkriminalität im vergangenen Jahr um fünf Prozent.
Sogenannte Aggressionsdelikte stiegen im Südwesten 2023 um 9,1 Prozent an – sie umfassen neben Gewaltkriminalität noch etwa leichte oder einfache Körperverletzung oder Angriffe auf Vollstreckungsbeamte.
Die Zahl der Straftaten, bei denen in der Öffentlichkeit eine Person mit einem Messer bedroht, verletzt oder gar getötet wurde, nahmen im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 13 Prozent auf 3104 Fälle zu. Auch Bedrohungen mit Messern werden mittlerweile als Angriffe in der Statistik erfasst. «Es war höchste Eisenbahn, dass die Innenministerkonferenz auf meinen Vorschlag hin eine bundesweit einheitliche Statistik zu Messerangriffen eingeführt hat», sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU). «Eine genaue Erfassungspraxis ist letztlich ja auch die Grundlage für eine passgenaue Arbeit unserer Polizei.» Er wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass das Land 2022 den Kommunen den Weg frei gemacht habe, Waffen- und Messerverbotszonen einzurichten. Der CDU-Politiker will am Donnerstag offiziell die polizeiliche Kriminalstatistik für das Land vorstellen. (dpa)