Stuttgart. Die Zahl der Krankschreibungen ist in Baden-Württemberg nach Auswertungen von Krankenkassen auf einen Rekordwert gestiegen. Grund sei vor allem die anhaltend hohe Zahl von Atemwegserkrankungen wie Husten, Schnupfen oder grippalen Infekten, teilte die AOK mit. Allerdings könnten auch die neuen elektronischen Krankmeldungen dazu geführt haben, dass Arbeitsausfälle besser erfasst werden. Der stetige Anstieg von Fehlzeiten durch psychische Erkrankungen verursache zudem lange Krankschreibungen, heißt es in der jüngsten Auswertung der AOK.
Im Durchschnitt zwei Krankschreibungen pro Kopf
Die Krankenkasse beruft sich bei ihren Zahlen auf das Wissenschaftliche Institut der Ortskrankenkassen (WIdO). Demnach lag die Zahl der durchschnittlichen Ausfälle durch Arbeitsunfähigkeit (AU) bereits zwischen Januar und Ende August und damit vor der zu erwartenden Erkältungswelle bei 219 je 100 erwerbstätige Mitglieder der AOK Baden-Württemberg. Im vergangenen Jahr waren es noch 217 Ausfälle mit Blick auf die gesamten zwölf Monate gewesen. Das heißt: Im Schnitt war jedes Mitglied mehr als zweimal krankgeschrieben. Im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2021 waren laut AOK nur knapp 170 Fälle je 100 Mitglieder zu verzeichnen.
In der Statistik der Krankenkassen gilt eine Krankschreibung unabhängig von ihrer Dauer als Fall. Jede Arbeitsunfähigkeitsmeldung, die nicht Verlängerung einer vorangegangenen ist, wird als eigener Fall gezählt.
Auch psychische Erkrankungen und Burn-out nehmen zu
«Der Krankenstand liegt höchstwahrscheinlich aufgrund einer erhöhten Empfänglichkeit für Infektionen und aufgrund der neuen, zusätzlichen viralen Erkrankungen der letzten Jahre insgesamt höher», sagte Jochen Michl, der Präventionsexperte bei der AOK Baden-Württemberg. Allein 77 AU-Fälle je 100 erwerbstätige Mitglieder seien durch Atemwegserkrankungen begründet.
Auch psychische Erkrankungen belasten die Unternehmen immer stärker: Die Fehltage bei erwerbstätigen Mitgliedern der AOK Baden-Württemberg nahmen hier seit 2014 um knapp 36 Prozent zu, bei Burn-out-Erkrankungen schoss der Wert im selben Zeitraum um 96 auf 167 Tage je 100 erwerbstätige Mitglieder der AOK Baden-Württemberg. «Als Ursache vermuten wir ein Zusammenwirken verschiedener Faktoren – von der Zunahme psychischer Belastungen durch globale Krisen, Veränderungen in der Arbeitswelt wie Verdichtung und Entgrenzung der Arbeit durch ständige Erreichbarkeit», sagte Michl. Besonders stark traf es Berufe wie Lehrer und Erzieher, Pflegende und Sozialarbeiter.
Im Juli hatte bereits die KKH Kaufmännische Krankenkasse Krankheitsfälle im Job auf einem Höchststand vermeldet. Dort waren im ersten Halbjahr 2024 auf 100 erwerbstätige Mitglieder 188 Krankheitsfälle gekommen. Vor fünf Jahren waren es im Vergleichszeitraum noch 108 krankheitsbedingte Arbeitsausfälle gewesen. Die KKH, die nach eigenen Angaben bundesweit zu einer der größten Krankenkassen gehört, machte aber auch auf den Ländervergleich aufmerksam. Demnach sei der Krankenstand der KKH-Versicherten in Baden-Württemberg am niedrigsten gewesen.
(dpa/lsw)