Karlsruhe. Die eingeschleppte Asiatische Hornisse hat sich im Südwesten im vergangenen Jahr rasant ausgebreitet und der Blick auf das laufende Jahr verheißt aus Expertensicht nichts Gutes. Das Tier, das Honigbienen vertilgt, es aber auch auf andere Insekten abgesehen hat, sei in Baden-Württemberg inzwischen sehr stark vertreten, sagte Benjamin Waldmann, Referent für invasive Arten beim baden-württembergischen Umweltministerium. Der milde Winter und die weiter milde Witterung ohne dauerhaften Frost in diesem Frühjahr dürften dazu führen, dass sich diese Hornissenart im Laufe des Jahres nochmals stark vermehrt.
Das macht Naturschützern große Sorgen. Schon im vergangenen Jahr waren in Baden-Württemberg nach Angaben aus dem Umweltministerium 550 Nester gefunden worden – eine Verzwanzigfachung gegenüber dem Jahr davor. Wie hoch die Dunkelziffer ist, weiß niemand. Der badische Imkerverband geht vom vierfachen der 2023 entdeckten Nester aus und rechnet damit, dass im Laufe dieses Jahres bis zu 1000 Nester gefunden werden. Die jungen Königinnen beginnen gerade erst auszufliegen und sich die ersten Nester zu bauen.
«Es ist nicht abzusehen, wie sich diese rasant ausbreitenden Art auf unsere heimische Insektenwelt auswirken wird», sagte der Bienenexperte des Nabu-Landesverbandes Baden-Württemberg, Martin Klatt. Weder sei erforscht, wie sich die Asiatische Hornisse zur heimischen und unter Naturschutz stehenden europäischen Hornisse verhalte, noch wie sich die Erbeutung anderer Insekten auswirke. Die Asiatische Hornisse jagt zwar am liebsten Honigbienen, frisst aber auch Fliegen, Käfer und Wildbienen. Ein großes Nest mit Tausend und mehr Asiatischen Hornissen verbraucht deutlich mehr als elf Kilo Insekten pro Jahr, sagte Kristin Krewenka vom badischen Imkerverband. Auch in Obst beißen Asiatische Hornissen ganz gerne mal rein. Für den Menschen sind die Stiche laut Nabu nicht gefährlicher als die einheimischer Wespenarten.
Welche Schäden diese Hornisse jenseits des befürchteten Insekten-Artenverlustes anrichten könnte, ist unklar. «Bisher liegen den Behörden keine offiziellen Informationen zu Schäden und deren Umfang in der Imkerei und dem Obst- und Weinbau in Baden-Württemberg vor», so eine Sprecherin des Umweltministeriums. Auch Schäden an heimischen Arten seien bisher nicht dokumentiert. Es gebe aber Untersuchungen aus anderen europäischen Ländern, die solche Auswirkungen erwarten lassen.
Was tun gegen die eingeschleppte Art? Baden-Württemberg setzt wie auch andere betroffene Bundesländer auf ein Meldeportal. Dort können Sichtungen einzelner Asiatischer Hornissen und auch Nester der Tiere angezeigt werden. «Diese Meldeplattform ist sehr wichtig», betonte Klatt. Wird dort etwa ein Nest gemeldet, bekommt der Imkerverband eine Nachricht und schickt dann seinerseits Fachleute, die das Nest entfernen.
Neben der Meldung von Sichtungen hatte Baden-Württemberg zwischen 2021 und 2023 auch im Rahmen eines Pilotprojektes den Asiatischen Hornissen nachgespürt: So wurden Tiere mit winzigen Peilsendern ausgestattet, der zu Nestern führen sollte. Das klappte zwar, wie Waldmann berichtete. Inzwischen verfolge man diesen Ansatz aber nicht mehr weiter. Das sei zu teuer und die Sender zu störanfällig. «Grade letztes Jahr gab es viele Fehlschläge», sagte er. Sinnvoll sei das auch nur bei einzelnen Sichtungen. Inzwischen gebe es aber soviele gemeldete Nester, dass die Methodik mit den Peilsendern nicht mehr effektiv sei. Dass die Asiatische Hornisse je wieder aus Deutschland verschwindet, ist völlig unrealistisch. «Der Drops ist gelutscht», sagt Waldmann. «Wir können nur noch auf Begrenzung setzen.»
Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina) ist nicht zu verwechseln mit der Asiatischen Riesenhornisse (Vespa mandarinia). Letztere breitet sich etwa in den USA aus. In Deutschland kommt die Art nicht vor. (dpa)